78 Normannen und Ungarn 3.8 „Ungarnsturm“ und Königtum Die ursprünglich nomadischen Ungarn bildeten um 900 ein Machtzentrum im Pannonischen Becken, von wo aus sie Raubzüge in den Westen unternahmen. Nach einer vernichtenden Niederlage auf dem Lechfeld (955, M 4) zogen sich die ungarischen Stämme in das heutige Westungarn zurück (s. 3.7). Im Verlauf des späten 10. Jhs. wurden sie sesshaft. Unter Fürst Geza begann die, teilweise gewaltsame, Christianisierung der Ungarn, die unter seinem Sohn Stephan (M 1) weitergeführt wurde. Stephan war die christliche Prägung seines Reiches sehr wichtig, weswegen er den Papst auch um die Bestätigung seines Königtums bat. Die Orientierung nach Westen und an der römisch-katholischen Kirche zeigt sich auch an der Übernahme der westeuropäischen Idealvorstellung eines christlichen Königs: Wie der Frankenkönig Chlodwig (s. 3.3) erhielt auch das ungarische Reich seine gottgewollte Legitimation durch die Annahme des Christentums durch den „barbarischen“ Fürsten. Herkunft der Normannen Der Name „Normannen“ ist eine Fremdbezeichnung für Wikinger aus Skandinavien (Nordmänner), die zwischen dem 8. und 10. Jh. am Kontinent einfielen. Normannen plünderten zunächst hauptsächlich Küstengebiete und durch große Flüsse erreichbare Städte im heutigen Frankreich, England, Italien und Russland. Die Ansätze, um diese Gefahr zu bannen, waren vielfältig: Der König der Westfranken belehnte die Normannen mit Landbesitz im Norden Frankreichs (die heutige Normandie, M 3) und integrierte sie somit in sein Reich. Zu weiteren normannischen Herrschaftsbildungen kam es auch in England nach der Schlacht von Hastings 1066 und im heutigen Gebiet von Russland, Belarus und Ukraine (Kiewer Rus, s. 4.16). Gemeinsam hatten diese neugegründeten Reiche vor allem, dass die kleine normannischen Führungsschicht sich recht bald mit der ansässigen Bevölkerung vermischte. Die Nordmänner im Süden In Süditalien traten die Normannen im 11. Jh. in Erscheinung. 1071 übernahm Graf Roger I. die Herrschaft Süditaliens mit der Zustimmung des Papstes. Auch in Süditalien war die normannische Bevölkerung eine Minderheit, was auch hier zur Übernahme der bereits etablierten Strukturen führte. Dazu zählte das Beamtenwesen, dessen Träger muslimische und jüdische Verwalter waren. Daraus ergab sich eine Zusammenarbeit zwischen den drei Religionen. Als die normannischen Könige 1186 ausstarben, übernahm nach einigen Machtkämpfen Konstanze, die Tochter des letzten normannischen Königs, die Herrschaft. Sie war die Ehefrau des Stauferkönigs Heinrich VI. Sizilien wurde nun ein Teil des staufischen Machtbereichs. Aufgrund der Übermacht der Staufer in Italien kam es in weiterer Folge zu Konflikten mit den Päpsten. 5 10 15 20 25 Die Königreiche im Westen Europas mussten sich bis ins 11. Jh. immer wieder mit Angriffen aus dem Osten (Ungarn) sowie aus dem Norden (Normannen) auseinandersetzen. Die Überfälle waren zunächst vor allem durch schnelles Auftreten mit Schiffen oder Pferden erfolgreich. 50 55 60 65 M 2: Der Beginn der Schlacht von Hastings 1066. Normannische Reiterei und Bogenschützen rücken vor. Teppich von Bayeux, 11. Jh. 30 35 40 45 M 1: Die Stephanskrone (um 1000). Das schiefe Kreuz geht auf ein Transportunglück zurück. Foto o. J., Budapest, Parlamentsgebäude. Mehr dazu … Terra-X-Doku zu den Wikingern. https://www.youtube.com/watch? v=Gr0qgNNk-r8 MUSTER
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