Denkmal 5/6 + E-Book

70 Mittelalterliches Denken 3.4 Das Wissen der Antike Spätestens ab dem 6. Jh. ging die Zahl der Gelehrten zurück, die neben Latein auch Griechisch lesen und schreiben konnten. Der römische Gelehrte und Politiker Boethius stellte deshalb eine Auswahl von Werken zusammen, die er für eine gute Bildung unerlässlich hielt, und plante in diesem Zusammenhang auch Übersetzungen wichtiger griechischer Werke ins Lateinische. Darunter sollten auch alle Werke Platons und Aristoteles sein. Boethius konnte sein Vorhaben allerdings nicht beenden: Er wurde wegen angeblichem Hochverrat verhaftet und 524 hingerichtet. Obwohl viele antike Schriften der Nachwelt verloren gingen, konnten Gelehrte doch wichtige Bücher und damit auch Wissen bewahren. Wichtig für die Überlieferung antiker Kultur(en) war die Übersetzungstätigkeit arabischer (s. 3.2) und auch jüdischer Gelehrter, die griechische, persische und indische Werke ins Arabische bzw. Hebräische übersetzten, die später ins Lateinische übertragen wurden. Ebenso waren christliche Klöster (s. 3.3) auf dem Kontinent und auf den britischen Inseln an der Bewahrung und Wiederverbreitung antiker Schriften beteiligt. Das mittelalterliche Weltbild Religion bestimmte die Sicht der Menschen auf die Welt. Mittelalterliche Karten (M 3) zeigten die bekannte Welt des Mittelalters (Europa, Asien und Afrika) und bildeten auch religiöse Vorstellungen von der Welt ab. Im Zentrum der Welt lag Jerusalem, das Paradies lag im Osten. Neben tatsächlich existierenden Städten, Flüssen und Tieren finden sich auf diesen mappae mundi (= Weltkarten) auch Wundervölker und Fabelwesen. Die Entstehung der Universitäten Die Schule von Salerno, an der vor allem Ärzte und Ärztinnen (!) ausgebildet wurden, war der Legende nach von Gelehrten aller drei abrahamitischen Religionen gegründet worden. Über die tatsächliche Gründungsgeschichte wissen wir heute leider nichts. Der ausgezeichnete Ruf dieser Schule ist auf dem Wissen unterschiedlicher Wissenschaftstraditionen, westlichen wie östlichen, begründet. Salerno galt lange Zeit als erste Universität Europas, dies lässt sich jedoch nicht belegen. Bis in das 11. und 12. Jh. waren Domschulen in Bischofsstädten die großen Bildungszentren, die immer mehr Zulauf fanden. Die steigende Anzahl an Studierenden führte in manchen Städten zu sozialen Unruhen. Um u. a. diesem Problem entgegenzuwirken, wurden die ersten Universitäten gegründet. Sie basierten auf der Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden. Als älteste Universitäten gelten heute Bologna und Paris, die vermutlich vor 1200 gegründet worden waren. Nach ihrem Vorbild entstanden im 13. und vor allem während des 14. Jhs. (Uni Wien 1365) viele weitere Universitäten in ganz Europa. 5 10 15 20 25 Religion war für die Menschen des Mittelalters ein wichtiger Bezugspunkt und bestimmte einen großen Teil des Lebens. Außerdem war das Mittelalter von der Bewahrung und (Wieder-)Entdeckung des antiken Wissens geprägt. 30 35 40 45 50 55 60 65 Abrahamitische Religionen Judentum, Christentum und Islam sehen in Abraham den Stammvater aller Menschen. M 1: Universitätslehrgang in einer mittelalterlichen Universität, vermutlich Bologna, Buchmalerei aus dem 14. Jh. MUSTER

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