66 Mächte des Frühmittelalters: Byzanz und die Araber 3.2 Byzanz und die Kirche Ostrom wird in der Forschung ab der Zeit Kaiser Herakleios (ca. 575–641) als „Byzantinisches Reich“ bezeichnet. Byzanz war, im Gegensatz zum „alten“ Rom, christlich geprägt und Ausgangspunkt von Missionierungen in Südosteuropa bzw. in Russland. Der christlichbyzantinische Ritus lebt heute noch in den Ostkirchen weiter. Byzanz und die Nachbarn Nachder Teilung des Reiches 395(s. 2.8) gelang es Kaiser Justinian, viele verlorene Gebiete im heutigen Italien, Nordafrika und auf der Iberischen Halbinsel zurückzuerobern. Mit dem militärischen Fokus auf den Westen ging eine Schwächung der politischen und militärischen Macht im Osten des Reiches einher. Viele der östlichen byzantinischen Gebiete gingen daraufhin im Lauf der folgenden Jahrhunderte verloren. Trotz Phasen der Erneuerung und Rückeroberungen konnte sich das Byzantinische Reich nicht gegen die zahlreichen Gegner im Westen und Osten behaupten. Die politischen und militärischen Schwächen zeigten sich 1204 in der Einnahme Konstantinopels durch die Republik Venedig während des Vierten Kreuzzugs. Das war das Ende des Byzantinischen Reichs. 1453 wurde Konstantinopel schließlich von Mehmed II. erobert und so ein Teil des Osmanischen Reichs. Die „Arabische Expansion“ Dem Propheten Mohammed (ca. 570– 632) gelang es auf der Grundlage der neuen Religion des Islams, die arabischen Stämme zu vereinen. Nach seinem Tod im Jahr 632 traten die Kalifenan seine Stelle und es entstand ein arabisches Großreich, das bis ins 10. Jh. bestand. Die „Arabische Expansion“ lässt sich grob in eine erste (635–644) und zweite Phase (700–732) unterteilen. Zunächst konnten die Kalifen viele Gebiete in Persien, Armenien, Syrien, Palästina und Ägypten erobern. Die Umayyaden, die erste Dynastie der Kalifen, eroberten Nordafrika sowie die gesamte Iberische Halbinsel. Der Karolinger Karl Martell (M 2) besiegte 732 das arabische Heer beim arabischen Vorstoß ins Reich der Franken (s. 3.3). Dieses Ereignis markierte das Ende der arabischen Vorstöße nach Norden. Die arabische Herrschaft in Südfrankreich und Spanien blieb vorerst weiter bestehen. Wissenschaft und Bildung Der Islam war nicht nur die gemeinsame Religion der Araber, sondern auch die Voraussetzung für eine kulturelle Blüte. Da der Koran nicht in eine andere Sprache übersetzt werden darf, wurde Arabisch auch bald die Sprache des großen Reichs. Die gemeinsame Sprache ermöglichte den Austausch von Menschen unterschiedlichster Kulturen und führte so zu einem Aufschwung in den Wissenschaften. Die Herrscher ließen viele griechische und lateinische Schriften ins Arabische übersetzen, um das Wissen anderer Kulturen und Völker zu konservieren. Die Kalifen gründeten Gelehrtenschulen und auch Universitäten, in denen dieses Wissen nicht nur gelernt, sondern auch praktisch umgesetzt und überprüft wurde. Viele ihrer Erkenntnisse gelangten erst über Umwege Jahrhunderte später in den lateinischen Westen. 5 Bedeutende Erben der Antike sind neben der christlichen Kirche (s. 3.1) auch Byzanz als Fortsetzung des Römischen Reichs und die Araber, die nach dem Tod Mohammeds erfolgreich ihren Herrschafts- und Einflussbereich in Kleinasien, Afrika und Europa vergrößerten. 35 40 45 50 Karolinger, die Herrschergeschlecht der westgermanischen Franken 55 60 65 70 10 15 20 25 30 M 1: Mohammed betet in Mekka vor der Kaaba. Miniatur aus der türkischen Handschrift „Siyer-i Nebi“ (Das Leben des Propheten, 16. Jh.), Bibliothek des Topkapi Sarayi Istanbul, Türkei. M 2: Karl Martell als Sieger über die Araber war ein beliebtes Motivder nationalistischen Kunst in Frankreich. Skulptur, 1833 (Guss: 1837), von Théodore Gechter. Bronze, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle. Kalif, der Als Kalifen werden die Nachfolger des Propheten Mohammed bezeichnet. Sie gelten als religiöse und politische Führer der islamischen Gemeinde („Umma“). MUSTER
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