Denkmal 5/6 + E-Book

240 Inspiriert von den revolutionären Entwicklungen in Frankreich setzte sich auch in der Kolonie Saint-Domingue der Wunsch nach Freiheit durch. 1804 folgte der „einzigen erfolgreichen Sklavenrevolution der Weltgeschichte“ die Unabhängigkeit gegenüber Frankreich und die Staatsgründung Haitis. Haiti vor dem Sklavenaufstand Die Karibikinsel Hispaniola war in zwei Kolonialgebiete aufgeteilt: den spanisch besetzten Ostteil Santo Domingo und den französischen Westteil Saint-Domingue. Die Kolonie gehörte dank ihres profitablen Zucker- und Kaffeehandels gegen Ende des 18. Jhs. zu den reichsten Kolonien der Welt. Die Bevölkerung war in drei Klassen unterteilt: Die weiße Herrschaftselite (Plantagenbesitzer, Aufseher und koloniale Beamte) umfasste ungefähr 31000 Personen. Etwa gleich vielen gens de couleur, farbigen Freien, war es gelungen, in der gesellschaftlichen Hierarchie aufzusteigen. Sie waren durchaus wohlhabend und besaßen teilweise selbst Plantagen. Am unteren Ende der Gesellschaft standen die etwa 500 000 großteils aus Afrika stammenden Sklavinnen und Sklaven. Sie waren unfrei und ohne Rechte. Abschaffung der Sklaverei Die Abschaffung der Sklaverei in Frankreich setzte in Saint-Domingue revolutionäre Prozesse in Gang. Die Plantagenbesitzer revoltierten gegen das Regime in Paris, da sie ihre Vorrechte bedroht sahen. Die gens de couleur versuchten, ihren Einfluss zu Lasten der weißen Oberschicht auszubauen. Die Sklavinnen und Sklaven forderten dieselben Rechte wie ihre französischen Landsleute und damit die Abschaffung der Sklaverei auf SaintDomingue ein. Gewalttätige Aufstände und brennende Plantagen erhöhten den Druck auf die herrschenden Eliten und führten zu einer Preissteigerung von Exportgütern wie Kaffee und Zucker in Frankreich. 1793 wurde die Sklaverei schließlich auch auf Saint-Domingue abgeschafft. Die auf den Plantagen Beschäftigten mussten von nun an entlohnt werden, Bestrafungen waren verboten. Napoléon interveniert Die Sklavenaufstände waren durch diese Zugeständnisse jedoch nicht beendet. Unter der Führung des 1773 befreiten Sklaven Toussaint Louverture (M 1) bildete sich eine Unabhängigkeitsbewegung, die in einer Militärdiktatur mündete. Zur Bekämpfung der Aufstände schickte Napoléon 1802 einen seiner Schwager, General Leclerc, mit einer Armee auf die Insel. Louverture konnte nach verlustreichen Kämpfen zwar festgenommen werden, die Aufständischen setzten sich aber schließlich gegen die französischen Truppen durch. 1804 wurde die unabhängige Republik Haiti ausgerufen. Das Land wurde von befreiten Sklavinnen und Sklaven regiert. Die weiße Bevölkerung wurde massakriert bzw. vertrieben. Nachwirkungen der Befreiung Im Gegensatz zur Französischen und zur Amerikanischen Revolution wurde in Haiti das gesamte Gesellschaftssystem umgewälzt. Die schwarze Unterschicht der Sklavinnen und Sklaven siegte, und aus einer kolonialen Kastenordnung wurde eine freie Gesellschaft aus afroamerikanischen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Frankreich und die übrigen Kolonialmächte waren durch die Vorgänge auf Hispaniola gewarnt und verschärften ihre Sklavenpolitik wieder. Besonders in den amerikanischen Südstaaten rechtfertigte man damit die harte Haltung gegenüber Sklavinnen und Sklaven. 5 10 15 20 40 25 30 35 75 80 85 50 60 65 70 M 1: Toussaint Louverture (um 17431803), der „schwarze Napoléon“, Revolutionär und Volksheld Haitis. Zum 200-jährigen Jubiläum der Verfassung von Saint-Domingue wurden Louverture und die Verfassung selbst auf der 20- Gourdes-Banknote abgebildet. Foto, 2017. Denk anders! Die Expansion der Revolution 5.25 MUSTER

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