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216 Industrialisierung – Segen oder Fluch? 5.13 Am Ende des 19. Jahrhunderts wandte sich die Industrie neuen Techniken und Rohstoffe zu. Der zunehmende Einsatz von Kohle, Erdöl und chemischen Substanzen begannen, die Natur stark zu belasten. Die zweite industrielle Revolution Im späten 19. Jh. veränderten sich die wirtschaftlich dominanten Sektoren. Auf Baumwolle und Eisen folgten Stahl, Chemie und Elektrizität. Im Gegensatz zur ersten Phase der Industrialisierung verbreitete sich diese zweite Phase in den 1880er- und 1890er-Jahren tatsächlich revolutions-, also eher überfallsartig. Sie führte zu einer vollständigen Mechanisierung der Produktion. Großunternehmen traten an die Stelle vieler Kleinunternehmen und handelten global mit ihren Waren. Diese zweite Phase dominierten andere Länder, die nun zu England aufschlossen. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs waren die USA (32 % Anteil an der Weltindustrieproduktion) die führende Industrienation, das Deutsche Reich (14,8 %) hatte England (13,6 %) bereits überholt. Heutige Wirtschaftsmächte wie China (3,6 %), Japan (2,7 %) und Indien (1,4 %) waren ebenso wie ÖsterreichUngarn (4,4 %) noch vergleichsweise unbedeutend. Umweltverschmutzung Die Industrialisierung legte den Grundstein für die Umweltprobleme von heute. Da Holz als Brennstoff immer knapper wurde, führte die Suche nach neuem Brennmaterial zur Kohle, die genauso wie das später – und bis heute – verwendete Erdöl als fossiler Energieträger keine Wiederverwertbarkeit zulässt und die Umwelt schädigt. Besonders in den Städten nahmen die Wasser- und Luftverschmutzung massiv zu. Die Industrie begann, Städte und Umland zu verändern. Aufgrund der geschaffenen Arbeitsplätze und damit einhergehenden Steuerabgaben sah man über die zunehmenden Umweltschäden hinweg. In den ländlichen Regionen wurden die Böden durch Monokulturen und den Einsatz von (chemischen) Düngemitteln zunehmend geschädigt. Der Wandel wurde sehr unterschiedlich bewertet. Viele Menschen sahen sich in einer Ära des Fortschritts, andere äußerten Kritik an der Umweltverschmutzung und suchten einen Weg zurück zu einer nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Wirtschaft. M 2: Kurzvideo über die Auswirkungen der Industrialisierung auf das Ruhrgebiet https://history360.zdf. de/zeittunnel/ stadtgeschichte/ zechen-im-ruhrgebiet M 3: Der Philosoph und Psychologe Ludwig Klages (1872–1956) übt 1913 in einer Rede Fortschritts- und Kulturkritik: Schrecklicher noch, als was wir bisher gehört, […] sind die Wirkungen des Fortschritts auf das Bild besiedelter Gegenden. Zerrissen ist der Zusammenhang zwischen Menschenschöpfung und Erde, vernichtet für Jahrhunderte, wenn nicht für immer, das Urlied der Landschaft. Dieselben Schienenstränge, Telegraphendrähte, Starkstromleitungen durchschneiden mit roher Geradlinigkeit Wald und Bergprofile […]. Die meisten [Menschen] leben nicht, sondern existieren nur mehr, sei es als Sklaven des „Berufs“, die sich maschinenhaft im Dienste großer Betriebe verbrauchen, sei es als Sklaven des Geldes. [...] In keiner Zeit noch war die Unzufriedenheit größer und vergiftender. Zit. nach: Henke-Bockschatz, Gerhard: Industrialisierung. 3. Aufl. Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag, Frankfurt am Main, 2012, S. 18. Q 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 M 1: Die Krupp-Fabrik in Essen, Foto, 1910. MUSTER

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