Denkmal 5/6 + E-Book

210 Europa unter napoleonischer Herrschaft 5.10 Mehr als 15 Jahre stand Europa im Bann des französischen Herrschers. Seine Armeen verbreiteten die Ideen der Revolution auf dem Kontinent. Mit seinem Code Civil schuf er Gesetze, die Gleichheit und Toleranz in die eroberten Gebiete brachten. Der Feldzug nach Russland markierte den Wendepunkt der napoleonischen Eroberungszüge. Die Tragweite der Revolution Die revolutionären Forderungen nach Freiheit, Gleichheit und Abschaffung der Leibeigenschaft weckten auch außerhalb Frankreichs Sehnsüchte bei den sozial und gesellschaftlich Benachteiligten. Die Brutalität, mit der auch gegen das eigene Volk vorgegangen wurde, ließ die anfängliche Begeisterung spätestens mit dem Terreur der Jahre 1793/94 zuungunsten der Revolution umschlagen. Ausgewanderte königstreue Französinnen und Franzosen sowie die europäischen Monarchinnen und Monarchen beobachteten die Vorgänge in Frankreich von Anfang an mit Skepsis. Dies unterstrichen nicht zuletzt die Koalitionskriege, deren Ziel es war, die revolutionären Ideen zu besiegen und die Monarchie in Frankreich wiederherzustellen. Napoléon erobert Europa In den insgesamt fünf Koalitionskriegen gelang es der Grande Armée nicht nur die Angriffe der gegnerischen Königreiche abzuwehren, sondern auch weit in deren Herrschaftsgebiete vorzudringen. Nach dem dritten Koalitionskrieg (1805) löste sich das Heilige Römische Reich auf, aus dem sich viele Kleinstaaten dann dem Rheinbund anschlossen. Der vierte Koalitionskrieg (1806/07) endete mit einer schweren Niederlage Preußens, und der fünfte brachte den Zusammenbruch Österreichs (1809). Ähnlich wie knapp 200 Jahre zuvor unter Wallenstein (s. 4.22) ernährte sich auch die französische Armee von den besetzten Gebieten. Die Einheimischen mussten Steuern an Frankreich bezahlen und die Soldaten verpflegen. Die Grande Armée auf dem Rückzug Mit seinem Feldzug nach Russland (1812) läutete Napoléon selbst seinen Niedergang ein. Von den eisigen Temperaturen des russischen Winters überrascht, musste die Grande Armée herbe Verluste einstecken: 400000 Soldaten waren gefallen, etwa 100000 gefangengenommen. Napoléon kehrte nach Paris zurück und stellte eine neue Armee auf. Diese musste sich in der Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813 einer Koalition aus Russland, Österreich, Preußen und einiger Rheinbundstaaten geschlagen geben. Deren Vorstoß nach Paris im darauffolgenden Jahr besiegelte das vorläufige Ende des Kaisers. Napoléon wurde auf die Insel Elba verbannt, von wo aus er einen letzten Feldzug plante. Aus der Verbannung zurückgekehrt, musste er sich im belgischen Waterloo 1815 einer von Großbritannien und Preußen angeführten Koalition abermals geschlagen geben. Seinen Lebensabend verbrachte er auf der Insel St. Helena (M 1) im Atlantischen Ozean. Außenwirkung der napoleonischen Politik Die Verbreitung des Code Civil in den eroberten Gebieten führte zu einem neuen Verständnis von Herrschaftsordnung. Religiöse Toleranz, gerechte Steuersysteme, Abbau von Privilegien oder modernes Zivilrecht waren gesetzlich festgeschrieben. Allgemein gültige Menschenrechte sowie die Schlagwörter „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ prägten die politischen Debatten. Die europäischen Regierungen waren dazu gezwungen, den Forderungen des Volkes zumindest teilweise nachzukommen und Reformen einzuleiten. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 M 1: Napoléon Bonaparte (1769-1821) diktiert auf St. Helena dem General Gourgaud seine Memoiren. Kreidelithographie, um 1840, von Lanzedelly nach e. Gemälde von Carl v. Steuben, 1816. Rheinbund, der Bündnis deutscher Staaten, die unter dem Schutz Frankreichs standen. Grande Armée, die Franz. Bezeichnung für die „große Armee“, die von 1805 bis 1815 unter Napoléon diente. Aufgrund der 1798 eingeführten Wehrpflicht kann man auch von einer „Volksarmee“ sprechen.  Mehr dazu … WDR-Podcast zur Völkerschlacht https://www1.wdr. de/mediathek/audio/wdr2/audiowdr--stichtag- ---die-voelkerschlacht-bei-leipzigbeginnt--100.html MUSTER

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==