202 Die Französische Revolution: Vorgeschichte und Ursachen 5.6 Bei Historikerinnen und Historikern ist es heute unumstritten, dass es sich bei der Französischen Revolution um ein Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung handelte. Welche Verhältnisse in Frankreich am Vorabend der Revolution von 1789 herrschten, und wie es zu diesem Aufstand des Volkes gegen den eigenen König kommen konnte, erfahren Sie auf dieser Seite. Frankreich am Vorabend der Revolution Im ausgehenden 18. Jh. wurde Frankreich von Ludwig XVI. absolutistisch regiert. Der König aus der Dynastie der Bourbonen herrschte mit seiner Gattin MarieAntoinette aus dem Hause Habsburg seit 1774 über das bevölkerungsreichste Land Westeuropas. Die verbesserten Lebensbedingungen führten im 18. Jh. zu einer starken Bevölkerungszunahme, mit der die Lebensmittelversorgung nicht mithalten konnte. Dies hatte eine Verknappung und Verteuerung der Lebensmittel und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zur Folge. Etwa 26 Millionen Menschen wohnten damals in Frankreich, das damit auch das mächtige England (ca. 12 Millionen) deutlich übertraf. Von den 26 Millionen wohnten ungefähr 15 Prozent in Städten und 85 Prozent am Land. Die ländliche Bevölkerung war in dem feudal geprägten System zumeist in der Landwirtschaft tätig. Mehr als die Hälfte der Bäuerinnen und Bauern verfügten über kein eigenes Land, sie mussten die Äcker des Adels und Klerus oder der Bürgerinnen und Bürger bestellen. Dabei blieb ihnen nur das Nötigste des Ernteertrags zum Leben; den Großteil mussten sie an die Grundherren abgeben. In diesem System konnten kaum Überschüsse produziert werden. Das hatte besonders in Jahren von Missernten – beispielsweise im Jahr 1788 – Hungersnöte zur Folge. Die französische Ständegesellschaft In der ständisch organisierten Gesellschaft war der 3. Stand, der aus Bäuerinnen und Bauern und Bürgerinnen und Bürgern bestand, klar in der Überzahl (ca. 98 Prozent). Der 3. Stand musste die Hauptlast der Steuern tragen, hatte aber kein politisches Mitspracherecht. Dem Adel (2. Stand) und dem Klerus (1. Stand) gehörte nur ein Bruchteil der Bevölkerung an (ca. 2 Prozent). Diese beiden Stände waren im Gegensatz zum 3. Stand weitestgehend von Steuern befreit und durften politisch mitbestimmen. Ursachen für die Revolution Durch die Missernte aus dem Jahr 1788 verbreitete sich im Frühjahr 1789 eine Hungersnot, die besonders die ärmeren Bevölkerungsschichten traf. Die Brotpreise stiegen an und Aufstände folgten. Zudem war das Land schwer verschuldet: Zum kostspieligen Leben am Hof von Versailles kamen teure Kriege mit französischer Beteiligung (Siebenjähriger Krieg 1756–1763 und Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg 1775–1783). Frankreich schien dem Staatsbankrott nahe. M 1: Die französische Ständegesellschaft am Vorabend der Revolution, Karikatur eines anonymen Künstlers, 1789. 5 10 15 20 50 55 35 40 45 25 30 Mehr dazu … Weitere Perspektiven auf die Ursachen der Französischen Revolution finden Sie auf der S. 249. MUSTER
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