200 Die Amerikanische Revolution: Auswirkungen 5.5 Nach dem Sieg im Unabhängigkeitskrieg entwickelten sich die Kolonien zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Sie wurden mit einem revolutionären politischen System ausgestattet. In der neu geschaffenen Demokratie ging die Macht vom Volk aus. Von der Unabhängigkeit zur Verfassung Das Streben nach Freiheit und Gleichheit spiegelte sich auch in den Schriften wider, die die Grundlage des revolutionären Denkens in den Kolonien bildeten. In der Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 (s. 5.4) sind Gleichheit und Freiheit zentrale Elemente. Die Regierenden müssten diese Grundrechte schützen, andernfalls sind sie abzusetzen. Vier Jahre nach dem Ende des Unabhängigkeitskriegs wurde 1787 in den USA die erste moderne Verfassung verabschiedet. Sie vereinte die Prinzipien der Gewaltenteilung und der Volkssouveränität. Später wurde mit der sogenannten „Bill of Rights“ noch bedeutende Fragen der Menschenrechte geklärt. Religions-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit wurden darin als Grundrechte niedergeschrieben. Gewaltenteilung nach Montesquieu Die neue Verfassung beruhte auf dem Prinzip der „checks and balances“. Nach dem Vorbild des Aufklärers Charles de Montesquieu (s. 5.2) sollten Ausgewogenheit und Kontrolle eine Machtkonzentration verhindern. Sind alle Menschen gleich? Gleichheit und persönliche Freiheit waren in der Praxis jedoch nicht für alle vorgesehen: Frauen, Sklaven und Native Americans waren von den hart erkämpften Rechten ausgeschlossen, weil sie nicht als „gleichrangige“ Menschen galten. Im damaligen Denken war dieser Umstand nicht bemerkenswert, da selbst Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung wie Thomas Jefferson Sklavinnen und Sklaven hielten. Aus heutiger Sicht erscheint die vermeintlich fortschrittliche Verfassung damit in einem anderen Licht. Vorbild für Europa Die amerikanische Verfassung gilt dennoch als erste moderne gesamtstaatliche Verfassung. Die darin verwirklichten Grundsätze sollten die europäische Geschichte prägen: Der französische Revolutionär Marquis de Lafayette brachte die Ideen der Revolution in sein Heimatland. Thomas Jefferson half beim Verfassen der „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ in Frankreich. Die amerikanische „Bill of Rights“ diente vielen europäischen Staaten oder auch der UNO bei der „Erklärung der Menschenrechte“ im Jahr 1948 als Vorlage. M 2: Der israelische Historiker Yuval Noah Harari blickte im Jahr 2019 kritisch auf die amerikanische Verfassung: Auch das Wort „Freiheit“ hatte damals eine etwas andere Bedeutung als heute. Im Jahr 1776 bedeutete das Wort nicht, dass unterdrückte Gruppen (Schwarze, Ureinwohner, oder – Gott behüte! – Frauen) an der Macht beteiligt werden sollten. Es bedeutete lediglich, dass der Staat seine Nase nicht in die Angelegenheiten seiner Bürger steckte und die Finger von ihrem Eigentum ließ. Harari, Yuval Noah: Eine kurze Geschichte der Menschheit. München: DVA 2019, S. 175. D M 1: George Washington (1732– 1799), Oberbefehlshaber der amerikanischen Truppen und erster US-Präsident. Gemälde von Rembrandt Peale, 1795. Paris, Musée Carnavalet. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 MUSTER
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==