15 M 3: Schriftliche Zeugnisse zur Entstehung der Polis gibt es keine, dafür aber Mythen des legendären athenischen Königs Theseus. Thukydides beschreibt die Stadtwerdung Athens (Synoikismos) in seinem Werk „Der Peloponnesische Krieg“: Schon unter Kekrops und den ältesten attischen Königen bis zu Theseus wohnten sie [= die Bewohner Attikas] in einzelnen Orten zerstreut und hatten ihr eigenes Gerichtswesen und ihre eigenen Archonten [= oberste Beamte]. Jeder Ort sorgte mit eigener Regierung für sich selbst, und nur in Notfällen hielt man Rat mit dem König. […] Theseus führte dann als Herrscher eine bestimmte Ordnung im ganzen Land ein, denn er war zugleich klug und mächtig. Er hob die Einzelregierungen der Städte auf und vereinigte sie in dem heutigen Athen, wo er einen gemeinsamen Rat und Gerichtshof für alle errichtete. So zwang er sie, Athen als einzige Stadt anzuerkennen, obwohl er ihnen ihr Landeigentum ließ. Alle entrichteten nun ihre Abgaben dorthin, und so konnte Theseus seinen Nachkommen Athen als große Stadt übergeben. Zum Andenken an diese Einrichtung feiern die Athener noch heute für die Göttin das Fest der Synoikia. Thukydides: Der Peloponnesische Krieg, 2, 15, übersetzt von Josef Feix, München 1959. Q 1. Arbeiten Sie drei Fragestellungen heraus, die mithilfe der Darstellung M 2 beantwortet werden können. 2. Analysieren Sie die Geschichtskarte M 1 mithilfe der Methodenseite „Mit Geschichtskarten arbeiten“ (S. 112). 3. Erläutern Sie die Unterschiede zwischen der Herrschaft von Theseus und den Königen davor (M 3). 4. Diskutieren Sie mögliche Gründe, die einen Geschichtsschreiber aus dem 5. Jh. v. Chr. wie Thukydides dazu bringen, für die damalige Zeit historisch nicht belegbare Anfänge einer Stadt mythologisch zu erklären. Griechische Antike M 2: Rekonstruktion der Akropolis im 5. Jh. v. Chr., Aquarell von Peter Connolly, 1998. gewannen ab dem 6. Jh. insbesondere Athen und Sparta an Bedeutung. Die Siedlungsbedingungen für Athen als Machtzentrum waren ideal: Die Stadt liegt auf der Halbinsel Attika und sie konnte vom Burgberg (Akropolis) aus verteidigt werden. Athen wurde so mächtig, dass die Akropolis von einer starken Festung in eine geheiligte Stätte mit Heiligtümern und Tempeln umgebaut wurde. Schutzherrin der Stadt war die Göttin der Weisheit, Athene. Eine kolossale Bronzestatue von ihr stand ebenfalls auf der Akropolis. Die Herrschaftsform in Athen war seit dem 8. Jahrhundert eine Aristokratie (Adelsherrschaft), die aber im 7. Jh. v. Chr. in eine wirtschaftliche und soziale Krise stürzte (s. 1.4). 55 60 65 70 MUSTER
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