176 Spanien: langsamer Verfall Die Errichtung des riesigen Kolonialreiches in Amerika hatte Spanien zur führenden Macht Europas gemacht. Mit der Ausbeutung der Kolonien finanzierten die spanischen Habsburger kostspielige Kriege gegen ihre europäischen Widersacher, vor allem gegen Frankreich, England und die Niederlande, um die Vormachtstellung zu erhalten. Dies scheiterte aber bereits unter Karls Nachfolger König Philipp II. 1588 erlitt die spanische Armada eine empfindliche Niederlage durch die aufstrebende Seemacht England, und auch die Abspaltung der (nördlichen) Niederlande konnte Philipp nicht verhindern. Der Niedergang setzte sich nach Philipps Tod fort. In langen Kriegen mit Frankreich verlor Spanien weitere Gebiete im heutigen Belgien sowie den Rest des burgundischen Erbes, die „Freigrafschaft Burgund“. Zudem schlitterte Spanien in eine schwere Wirtschaftskrise. Die dynastische Heiratspolitik schwächte das Königshaus zusätzlich. Die beiden habsburgischen Linien heirateten fast ausschließlich untereinander. Diese jahrhundertelange Praxis führte schließlich dazu, dass der letzte männliche Vertreter der spanischen Linie, Karl II. (M 1), körperlich und geistig schwer behindert, ohne männlichen Erben starb. Im „Spanischen Erbfolgekrieg“ verloren die Habsburger schließlich die spanische Krone. Österreich: Expansion in den Südosten Spätestens seit der Eroberung Konstantinopels 1453 war das Osmanische Reich zur bestimmenden Macht im europäischen Südosten aufgestiegen. Danach dehnten die osmanischen Herrscher ihr Reich immer weiter nach Westen aus und standen 1529 erstmals vor Wien. Davor war in der Schlacht von Mohács (1526) der ungarische König Ludwig gefallen, was die Habsburger zu seinen Erben machte (s. 4.30). Aufgrund von Versorgungsschwierigkeiten musste sich das osmanische Heer allerdings wieder zurückziehen. Die Osmanen besetzten aber große Teile Südosteuropas und verlangten von den habsburgischen Kaisern jährliche Tributzahlungen. Der Konflikt mit den Osmanen wurde auch durch die französischen Könige immer wieder neu entfacht, die sich dadurch eine Schwächung der Habsburger erhofften. 1683 nutzten die Osmanen einen Aufstand ungarischer Adeliger, um erneut auf Wien zu marschieren. Einem eilig zusammengestellten Entsatzheer unter dem verbündeten polnischen König Johann Sobieski gelang es aber in der Schlacht am Kahlenberg, die Osmanen vernichtend zu schlagen. In der darauffolgenden Gegenoffensive erreichten die Habsburger große Gebietsgewinne. Unter der Führung des Prinzen Eugen von Savoyen (M 2) stießen sie bis Belgrad und Sarajevo vor. 1699 wurde der Friede von Karlowitz geschlossen, in dem das Osmanische Reich auf Ungarn und Kroatien verzichten musste. Im Laufe des 18. Jhs. eroberte Österreich zeitweise weitere Gebiete, sah sich mit dem russischen Reich aber bald einem neuen Kontrahenten im südöstlichen Europa gegenüber. Nach der Abdankung Kaiser Karls V., des Erben Maximilians I., wurde das habsburgische Erbe 1556 in eine spanische und eine österreichische Linie geteilt. Während die spanischen Habsburger um die Hegemonie in Europa kämpften, mussten sich die österreichischen Habsburger mit dem Osmanischen Reich auseinandersetzen. Österreichische Perspektive – Das „Haus Österreich“ 4.31 Entsatzheer, das ein Heer, das zusammengestellt wird, um eine belagerte Stadt zu befreien M 1: Karl II., König von Spanien (1661–1700), Porträt von Juan Carreño de Miranda, ca. 1680. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 MUSTER
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