168 Dynastische Stabilität Nach dem Tod Fjodors I. 1598, dem letzten Zaren aus der Dynastie der Rurikiden, war es in Russland zur „Zeit der Wirren“ (smuta) gekommen, die erst 15 Jahre später mit der Krönung von Michael I. ein Ende fand. Die Herrschaft des ersten Zaren aus dem Haus der Romanows, das dem Staat bis zur Februarrevolution 1917 vorstehen sollte, stellte die Stabilität in Russland wieder her. Im 18. Jh. stieg das Russische Reich schließlich zu einer Großmacht auf, wobei das „Zeitalter des Absolutismus“ vor allem von der Regentschaft zweier Personen geprägt wurde: Peters des Großen und Katharinas der Großen. Ein „Fenster nach Europa“ Peter I. (M 1, „der Große“) stand dem Russischen Reich von 1682 bis 1725 vor. Das viel zitierte Aufstoßen eines „Fensters nach Europa“ beschreibt den Reformprozess, der vorsah, das Zarenreich nach dem Vorbild der absolutistischen Monarchien zu modernisieren. Die petrinischen Reformen sind bezüglich ihrer Wirkungsgeschichte vielfach diskutiert worden. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass der 1721 zum Kaiser („Imperator“, s. 4.16) gekrönte Peter seine Reformen als uneingeschränkter Autokrat anordnete und sich für diesen Prozess auf Fachkräfte aus dem Ausland stützte, die eine zentrale Rolle in der administrativen und kulturellen Neugestaltung des „Russländischen Kaiserreiches“ spielten. Reformabsolutismus Auf Peter folgten unruhige Zeiten und ausbleibende Reformen. 1762 bestieg Katharina II. (M 2, „die Große“) den Thron und prägte bis zu ihrem Tod 1796 eine Epoche, die mit dem Pugačëv-Aufstand (1773–1775) eine schwere innenpolitische Krise, aber auch weitgehende Reformen im Sinne eines aufgeklärten Absolutismus beinhaltete. So bedeutete zum Beispiel die Gouvernementsreform (1775) die Schaffung einer neuen Verwaltungsstruktur, welche die autokratische Herrschaft der Kaiserin durch lokale Mitwirkung des Adels absicherte. „Große Reformen“ und Autokratie Katharinas Nachfolger konnten ihre autokratische Herrschaft auch im 19. Jh. verteidigen. So wurde zum Beispiel im Jahr 1825 der „Dekabristenaufstand“ niedergeschlagen. Ab den 1860er- /1870er-Jahren wurden die „Großen Reformen“ durchgeführt. Unter anderem wurde 1861 die Leibeigenschaft der Bauern aufgehoben. Die „Großen Reformen“ bedeuteten in vielen Bereichen eine echte Modernisierung, rüttelten aber nicht an dem autokratischen Machtmonopol. Da sich aber auch konservativ-autokratische Adelige gegen die Reformen wandten, waren diese letztlich auch ein Grund für die Russischen Revolutionen des 20. Jhs. (s. 6.11). Dem Russischen Reich standen absolutistisch herrschende Zarinnen und Zaren vor, die sich lange nicht mit konkurrierenden Machtansprüchen des lokalen Adels beschäftigen mussten. Erst im späten 18. Jahrhundert kam es zu einem administrativen Bündnis mit dem Adel; zu einer Verfassung überhaupt erst 1906. Der russische Absolutismus 4.27 Dekabristenaufstand, der Die Dekabristen waren Offiziere, die sich weigerten, den Eid auf den neuen Kaiser (Nikolaus I.) zu leisten, und für eine liberale Umgestaltung des Reichs eintraten. 5 10 15 35 40 45 20 25 30 50 55 60 65 Mehr dazu … Der SWR2-Podcast „Zeitwort“ berichtet über den Putsch Katharinas II. gegen ihren Ehemann im Jahr 1762. https://www. ardaudiothek.de/ zeitwort/9-7-1762zarin-katharinaputscht-gegenihren-ehemann-zarpeter/77596434 MUSTER
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