161 Neuzeit Transitorium, das Übergangsregelung für die Dauer eines Ausnahmezustands M 4: Der Historiker Heinz Duchhardt in einem Vortrag im Jahr 1998: Das Experiment eines auf der Garantie zweier Großmächte beruhenden regionalen Sicherheitssystems scheiterte schon nach wenigen Jahren, vor allem deswegen, weil die beiden Garantiemächte selbst noch viel zu dynamisch waren, um sich in ihrem Expansionismus davon fesseln zu lassen […]. Das Zwischenergebnis ist also einigermaßen ernüchternd: Die Architekten des Westfälischen Friedens vermochten keine dauerhafte europäische Friedensordnung zu schaffen, sondern in internationaler Hinsicht – und nur darum geht es hier – nur ein Transitorium, das schon seit der Mitte der 1650er-Jahre und dann vollends in den 1660er-Jahren wieder in die Brüche ging, und ob wenigstens eine Art Modell geboren wurde, an das man später hätte anknüpfen können, mag schon hier mit einem Fragezeichen versehen werden. Duchhardt, Heinz: Friedensordnungen in Europa. Der Westfälische Friede als Modell. In: Ders., Frieden im Europa der Vormoderne. Ausgewählte Aufsätze 1797–2011, hrsg. von Martin Espenhorst. Paderborn 2012, S. 122-132, hier S. 126 f. D 1. Fassen Sie die wesentlichen Ergebnisse des Westfälischen Friedens zusammen (Darstellungstext). 2. Interpretieren Sie M 1. Gehen Sie dabei der Frage nach, inwieweit das Gedicht die Stimmung in der Bevölkerung beschreiben kann. 3. Untersuchen Sie das Gemälde (M 2). Entwickeln Sie Thesen für die Notwendigkeit, den Vetragsabschluss zu beschwören. 4. Fassen Sie aus M 3 und M 4 arbeitsteilig die Urteile zum Westfälischen Frieden zusammen und vergleichen Sie diese. M 3: Der ehemalige US-amerikanische Außenminister und Politikwissenschaftler Henry A. Kissinger beurteilt 2014 den Westfälischen Frieden: Die im Westfälischen Frieden etablierte Struktur stellte den ersten Versuch dar, eine internationale Ordnung mit vereinbarten Regeln und Grenzen zu schaffen, die auf einer Vielzahl von Mächten und nicht auf der Vorherrschaft eines bestimmten Landes beruhte. Vorstellungen wie „Staatsräson“ und „Nationalinteresse“ traten das erste Mal in Erscheinung, jedoch nicht im Sinne einer machtpolitischen Anmaßung, sondern sie dienten im Gegenteil dem Versuch, den Gebrauch der Macht vernünftig zu gestalten und Auswüchsen Grenzen zu setzen. Unter dem Banner universaler (und gegensätzlicher) moralischer Ansprüche waren die Heere seit Generationen durch Europa gezogen; Propheten und Eroberer hatten in ihren wahnwitzigen persönlichen, dynastischen, imperialen und religiösen Bestrebungen den totalen Krieg entfesselt. Nun jedoch sollte durch das theoretisch logische und berechenbare Vernetzen von Staatsinteressen das Chaos überwunden werden, das in jeder Ecke des Kontinents ausbrach. Begrenzte Kriege zur Lösung überschaubarer Streitfragen sollten die Ära wettstreitender Universalismen ablösen, die zu Vertreibungen und Zwangsbekehrungen geführt, den totalen Krieg entfesselt und ganze Bevölkerungen ausgerottet hatten. Kissinger, Henry A.: Weltordnung. Übersetzt von Karlheinz Dürr und Enrico Heinemann, München: C. Bertelsmann Verlag 2014, S. 42. D Staatsräson, die besagt, dass die Interessen des Staates über alle anderen Interessen gestellt werden MUSTER
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