155 Neuzeit M 3: Mitteilung der deutschen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten zur Veröffentlichung einer Sonderbriefmarke auf Basis von M 2 im Jahr 2009: Die Deutsche Post hat zum 500. Geburtstag des Reformators Johannes Calvin (1509-1564) eine 70-Cent-Briefmarke in einer Auflage von sechs Millionen Exemplaren herausgegeben. Laut der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesfinanzminister, Nicolette Kressl, sei der Wert von 70 Cent deshalb gewählt worden, weil damit ein Standardbrief in andere europäische Länder versandt werden könne. Durch die hohe Auflage werde Calvin lange auf Briefen quer durch Europa sichtbar bleiben. Die Sondermarke zeigt den Reformator im Alter von 53 Jahren nach einem Kupferstich von René Boyvin. Johannes Calvin wurde am 10. Juli 1509 im nordfranzösischen Noyon geboren und gilt nach Luther als der bedeutendste Reformator. Mit seinen über 100 Schriften und Büchern, die in viele Sprachen übersetzt wurden, übte er großen Einfluss aus. In Basel veröffentlichte er 1536 sein Hauptwerk „Unterweisung in der christlichen Religion“. 1559 gründete er die Genfer Akademie, die zu einem Bildungsschwerpunkt des reformierten Protestantismus wurde. Heute zählen reformierte Kirchen weltweit etwa 80 Millionen Mitglieder. Calvin starb am 27. Mai 1564 in Genf. Von ihm gingen viele Impulse aus, die in die Entwicklung heutiger moderner Gesellschaften mündeten, darunter ein Widerstandsrecht gegen Tyrannei und eine rationale Sicht für wirtschaftliche Notwendigkeiten. https://www.apd.info/2009/07/19/sonderbriefmarke-zum-500-geburtstag-von-johannes-calvin/ (21.04.2020). Q M 4: Der (historisch gebildete) Autor Stefan Zweig urteilt in seinem Roman „Castellio gegen Calvin“, den er im Jahr 1936 unter den autoritären und totalitären Eindrücken der Zwischenkriegszeit verfasst hat, über Calvin: Dank einer großartigen organisatorischen Technik ist es Calvin gelungen, eine ganze Stadt, einen ganzen Staat mit tausenden bisher freien Bürgern in eine starre Gehorsamsmaschinerie zu verwandeln, jede Selbstständigkeit auszurotten, jede Denkfreiheit zugunsten seiner alleinigen Lehre zu beschlagnahmen. Alles, was Macht hat in Stadt und Staat, untersteht seiner Allmacht […]. Seine Lehre ist Gesetz geworden, dass in Genf nur eine Wahrheit geduldet ist und Calvin ihr Prophet – und wer [dagegen] gelindesten Einspruch wagt, den belehren baldigst Kerker, Verbannung oder Scheiterhaufen. Aber noch weit über die Stadtmauern hinaus reicht die unheimliche Macht dieses unheimlichen Mannes […]. Kein zeitpolitisches Geschehnis vollzieht sich mehr ohne sein Wissen, kaum eines gegen seinen Willen. Zweig, Stefan: Castellio gegen Calvin oder Ein Gewissen gegen die Gewalt. Frankfurt/Main: Fischer 2017, S. 10. Q 1. Erklären Sie die Bedeutung von der Briefmarke mit dem Bild von M 2 für Anhänger der reformierten Kirche. Nehmen Sie M 3 zur Hilfe. 2. Recherchieren Sie die Begriffe „autoritäres“ und „totalitäres“ Verhalten und vergleichen Sie Ihre Definitionen. 3. Arbeiten Sie aus dem Roman Stefan Zweigs (M 4) Bezüge zu diesen Erklärungen heraus. 4. Stellen Sie die Urteile über Calvin in M 3 und M 4 gegenüber. Erörtern Sie Gründe für die Ansichten von Zweig und den Siebenten-Tags-Adventisten. MUSTER
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==