Denkmal 5/6 + E-Book

152 Die politischen Folgen der Reformation 4.19 Die politischen Voraussetzungen zur Verbreitung der Reformation Karl V. (M 1) regierte nicht nur als Kaiser über das Heilige Römische Reich, sondern konnte auch die habsburgischen Länder, Neapel, Spanien und Teile der neuen Welt als sein Herrschaftsgebiet bezeichnen. Er hegte einen Anspruch auf das universale Kaisertum, wodurch er mit den Nationalstaaten Europas, allen voran mit Frankreich, in Konflikt geriet. Diesem Gedanken entsprechend verstand er sich als Bewahrer der katholischen Religion, was ihn einerseits zum Gegner der Reformation machte (obwohl er der Idee der Reformation der Kirche nicht abgeneigt war), andererseits zum Verteidiger der Christen gegen die osmanischen Angriffe. In diesem Spannungsfeld – osmanische Gefahr im Osten, schwelender Konflikt mit Frankreich, zeitweise Streitigkeiten mit dem Papst – konnte sich Karl V. nur schwer auf das Problem der Glaubensspaltung konzentrieren und musste reformatorisch eingestellten Landesfürsten immer wieder Zugeständnisse machen. Diplomatische Lösungsversuche Diese Schwäche zeigte sich an den folgenden Reichstagen, wo unter anderem um die Durchsetzung des Wormser Edikts (M 3) gerungen wurde. Die lutheranischen Fürsten protestierten gegen dessen Durchsetzung (daher der Name Protestanten). Am Reichstag zu Augsburg (1530) legten die Lutheraner ihr Glaubensbekenntnis vor, das von der katholischen Kirche abgelehnt wurde. Währenddessen begannen die lutheranischen Fürsten, evangelische Landeskirchen aufzubauen, an deren Spitze sie selbst standen. Durch diese Los- lösung vom Papst entstand ein politischer Machtgewinn, der auch finanzielle Vorteile brachte, da die katholischen Besitztümer von den Protestanten eingezogen wurden. Da der Kaiser durch den Krieg gegen Frankreich und die Osmanen gebunden war, konnten die Protestanten weitere Erfolge erzielen: Im Religionsfrieden von Nürnberg (1532) wurde das Wormser Edikt außer Kraft gesetzt, die Reformation breitete sich aus, und schließlich konnten die Protestanten die Teilnahme am Konzil von Trient (1545–1563) verweigern, dessen Ziel eine Einigung der Kirche war. Gewaltsame Lösungsversuche Als sich die außenpolitische Lage für Karl V. entspannte, und er erkannte, dass auf diplomatischem Weg keine Einigung mit den Protestanten erzielt werden konnte, griff er zu den Waffen. Aus Angst vor ebendieser Situation hatten sich die protestantischen Fürsten bereits 1531 zum Schmalkaldischen Bund zusammengeschlossen, verloren jedoch in der Schlacht am Mühlberg 1547 gegen Karl V. Augsburger Religionsfriede Obwohl der Kaiser gesiegt hatte, konnte er seinen militärischen Erfolg nicht in einen politischen umwandeln. 1555 musste er im Augsburger Religionsfrieden allen Lutheranern die freie Religionsausübung zugestehen. Zudem wurde geregelt, dass der Landesherr die Religion seiner Untertanen festlegten konnte (cuius regio, eius religio). Der Friedensvertrag bedeutete die endgültige Spaltung der Kirche, sicherte aber auch das friedliche Zusammenleben der Konfessionen für mehr als 60 Jahre. Die Unterstützung der Reformation durch einzelne Landesfürsten missfiel Kaiser Karl V., der sich als Verteidiger der Kirche verstand und um seinen politischen Einfluss fürchtete. Nach gescheiterten diplomatischen Bemühungen versuchte er mit Gewalt, die kirchliche Einheit zu wahren. Doch schlussendlich konnte auch er die Spaltung der Kirche nicht verhindern. 5 10 15 20 55 60 40 45 50 65 70 75 25 30 35 M 1: Karl V. (1500– 1558), röm.–dt. Kaiser und König von Spanien als 7-Jähriger auf einem zeitgenössischen Gemälde. Vermutlich vom Meister der Magdalenenlegende, 1507.  Mehr dazu … Der WDR-Podcast „ZeitZeichen“ berichtet über die Krönung Karls V. zum röm.-dt. Kaiser im Jahr 1520. https://audiothek. ardmediathek.de/ items/82079170 MUSTER

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==