136 England 1485 kam in England nach einem blutigen Bürgerkrieg, den sogenannten Rosenkriegen, mit Heinrich VII. ein Mitglied des Hauses Tudor auf den Thron. Da er Vorfahren in den Familien Lancaster und York – also beider Konfliktparteien – hatte, gelang es ihm, den Adel von der Vereinigung dieser Häuser in seiner Person zu überzeugen. Er und vor allem sein Sohn Heinrich VIII. konnten ihre Macht gegenüber dem Hochadel, dem englischen Parlament und der römisch-katholischen Kirche auszubauen. Spanien und Portugal Seit dem Mittelalter war der Großteil Spaniens und Portugals muslimisch regiert. Christliche Staaten führten jahr- hundertelang Krieg gegen die mus- limischen Reiche – und auch gegeneinander – mit dem Ziel, die ganze iberische Halbinsel zu kontrollieren. 1492 wurde mit dem Emirat von Granada der letzte muslimische Staat von Kastilien annektiert – die Reconquista muslimischer Besitzungen war vollendet. Die christlichen Herrschenden waren allerdings bei Weitem nicht so tolerant wie ihre muslimischen Vorgänger. Musliminnen und Muslime mussten Zwangstaufen zustimmen oder ins nordafrikanische Exil. Auch die Jüdinnen und Juden wurden von den neuen Herrschenden aus Spanien vertrieben und gründeten vor allem im Mittelmeerraum neue jüdische Gemeinden. M 3: Alcazar, Sevilla. Dieses Bauwerk ist das beste Beispiel für die friedliche Koexistenz christlicher und muslimischer Kultur in Spanien: Ursprünglich ein maurisches Fort, wurde es von christlichen Herrschern mithilfe von muslimischen Architekten aus Granada zu einer prunkvollen Festung ausgebaut, Foto, 2019. Frankreich Frankreich wurde nach dem Ende des Hundertjährigen Krieges mit England in einen zentral verwalteten Territorialstaat umgewandelt. Der französische König Karl VII. rief 1439 eine Versammlung der Generalstände ein, diese stimmten einer neuen Steuer zu, die zur Bezahlung eines stehenden Heeres diente. Dadurch hatte Europa um 1500: Westeuropa 4.11 M 1: Heinrich VIII. König von England (1509–1547), Porträt von Hans Holbein d. J., 1540. Anders als im Heiligen Römischen Reich gelang es den englischen, französischen und spanischen Königen, ihre Herrschaft zu zentralisieren. Wichtige Meilensteine der Staatsbildung waren: Die Einführung eines einheitlichen Rechts- und Verwaltungssystems, Kontrolle über die Kirche, Finanzierung des Heeres und ein zusammenhängendes Staatsgebiet. Territorialstaat, der Staat mit einheitlicher Verwaltung und Rechtssystem und zusammenhängendem Staatsgebiet Generalstände, die Vertreter der drei französischen Stände: Klerus, Adel, Dritter Stand Kastilien, das bildete gemeinsam mit dem Königreich Aragón die Vorgängerstaaten des heutigen Spanien Reconquista, die Christliche „Wiedereroberung“ muslimischer Territorien in Spanien und Portugal M 2: Die Synagoge von Sarajevo (Innenansicht). Die aus Spanien und Portugal vertriebenen Jüdinnen und Juden werden als Sephardim bezeichnet. Sie behielten ihre iberischen Traditionen bei. Dadurch unterschieden sie sich auch von den Ashkenasim, den Jüdinnen und Juden Zentral- und Osteuropas. Foto, undatiert. 5 10 15 20 40 25 30 35 MUSTER
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