130 Die Entwicklung der Geldwirtschaft In der Frühen Neuzeit kam es zu einer Veränderung im Bereich des Geldwesens. Die Münze begann sich als Zahlungsmittel gegen die im Mittelalter überwiegende Naturalwirtschaft durchzusetzen. Allerdings erschwerte ein fehlendes einheitliches Münzsystem zunächst den überregionalen Handel. Erst eine breitere Anerkennung von Goldmünzen aus Venedig (Dukaten) oder Florenz (Florentinern) erleichterte den Fernhandel, beispielsweise mit dem arabischen Raum oder dem Osmanischen Reich. Erste Banken entstehen Um trotz all der unterschiedlichen Münzen international Handel treiben zu können, entstand ein neuer Beruf: der Geldwechsler (M 2). Dieser tauschte fremde Münzen mit Gewinn in heimische Währung um. Dieses Geschäft geschah bei Tisch (ital. banca), daher stammt auch das deutsche Wort Bank. Da Handelsreisen mit großen Mengen an Münzen unpraktisch und vor allem gefährlich waren, ging man dazu über, nach dem Zahlungseingang nur Schuldscheine auszustellen. Diese konnten bei Bedarf jederzeit in bar ausbezahlt werden. Hierbei handelt es sich also um eine frühe Form des Papiergelds. Die großen Mengen des so einbezahlten Bargelds ermöglichten es den Geldwechslern, Rücklagen anzulegen und so mit dem Geld zu arbeiten. Dadurch konnten sie Kredite und Darlehen vergeben, was für eine funktionierende Finanzwirtschaft unerlässlich ist. Wer einen solchen Kredit aufnahm, musste ihn anschließend mit Zinsen zurückzahlen. Das kirchliche Zinsverbot Dies stand zwar im Gegensatz zu einem von der katholischen Kirche verhängten Zinsverbot, aber die Kaufleute wussten dieses Verbot geschickt zu umgehen. Während im Mittelalter hauptsächlich jüdische Händlerinnen und Händler Geldgeschäfte abwickeln durften, ließen sich Kaufleute nun Waren, Grundstücke oder gar ganze Bergwerke als Pfand für ihre Kredite überschreiben. Später missachteten viele Kaufleute das kirchliche Verbot gänzlich und verrechneten ihre Zinsen. Während die kirchliche Lehrmeinung weiterhin darauf bestand, dass ein Kaufmann nur so viel verdienen sollte, wie er zu einem gottgefälligen Leben brauchte, änderten viele Menschen ihre Meinung über Profit nach und nach. Im Humanismus wurde das Diesseits wichtiger als das Jenseits und durch mit Geld erworbene materielle Güter ließ sich diese Zeit angenehm verbringen. Inflation und Preisanstieg Um 1500 stieg die europäische Bevölkerung nach den großen Pestepidemien des Mittelalters wieder an; die Produktion hinkte dem aber hinterher. Insbesondere in den Städten wurden deshalb die Preise für Lebensmittel entscheidend teurer. Manche Studien gehen davon aus, dass sich der Preis für Brot zwischen 1500 und 1600 vervierfacht hat, während sich die Löhne nur unwesentlich erhöhten. Das Leben für einfache Arbeiterinnen und Arbeiter war dementsprechend schwer; Arbeitslose kämpften schlicht ums Überleben. Jüdischen Händlerinnen und Händler, die Durch zahlreiche Berufsverbote belegt – unter anderem durften Jüdinnen und Juden keinen Grund erwerben oder ein Handwerk ausüben – wandten sich viele dem Handel zu. Der Frühkapitalismus: ein neues Wirtschaftssystem 4.8 Mit dem Beginn der Neuzeit trat auch ein neuartiges Wirtschaftssystem in Erscheinung: der Kapitalismus. Dieser wirtschaftliche Umbruch hatte weitreichende Folgen für die Menschen jener Zeit – und bis heute. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 M 1: Maria von Medici und ihr Sohn Ludwig XIII., Gemälde, 1603. MUSTER
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