Denkmal 5/6 + E-Book

122 Malerei Ganz im Geiste des Humanismus wurde nur das für wahr erachtet, was gesehen und gespürt, gefühlt und gehört werden konnte. Die Kunstschaffenden der Renaissance versuchten, in ihren Werken zu „zeigen, wie es ist“: Mensch, Tier und Natur so realitätsgetreu und vielfältig wie möglich zu porträtieren, wurde zum zentralen Element der Malerei (M 1). Perspektive und Raumtiefe Eine wichtige Innovation in der Malerei war die Entdeckung der „zentralen Perspektive“ (von lateinisch „hindurchsehen“). Durch die Perspektive versuchten die Künstlerinnen und Künstler die Welt möglichst naturgetreu dazustellen, also eine optisch korrekte Darstellung der Welt zu erreichen. Die Zentralperspektive ermöglichte es den Malerinnen und Malern, Raumtiefe auf einer zweidimensionalen Fläche zu erzeugen. Der so dargestellte Raum spielte Dreidimensionalität vor. Durch die verkleinerte Darstellung von „weiter hinten liegenden“ Objekten oder Menschen auf den Gemälden wurde die Illusion erschaffen, sie wären weiter von den Betrachterinnen und Betrachtern entfernt. Menschliche Ästhetik In der Malerei des Mittelalters gab es kaum Platz für Individualität und Realismus: Abgebildeten Menschen fehlten persönliche menschliche Züge – sie wirkten oft anonym und emotionslos. Dieser Zugang änderte sich in der kulturellen Epoche der Renaissance drastisch. Da der Anspruch der Kunstschaffenden eine möglichst naturgetreue Abbildung der von ihnen wahrgenommenen Wirklichkeit war, bekam auch das Konzept der Schönheit einen prominenteren Stellenwert in der Kunst – sie sollte den Menschen in seiner individuellen Schönheit darstellen und dem Betrachter gefallen. Bildhauerei Die Bildhauerei war einer jener Bereiche, die von den Innovationen der Renaissance am meisten verändert wurde. Zwar gab es auch in der mittelalterlichen Romanik und Gotik Statuen, diese waren allerdings oft mit Säulen oder Mauern verbunden. Nun standen sie, ganz nach antikem Vorbild, frei im Raum. Auch bei der Darstellung von Bewegung oder der Akzentuierung von Muskeln folgten die berühmten Bildhauer und Maler der Renaissance, wie Michelangelo (M 2) oder Raffael (M 3), den antiken Vorgaben und versuchten, ihre Werke so realitätsgetreu wie möglich zu schaffen. Die Kunst der Renaissance: Individualität und Realismus 4.4 M 2: Der biblische David ist als antiker Held dargestellt. Statue aus Marmor, mit einer Höhe von über 5 m, von Michelangelo, 1501– 1504. Nirgends sonst wurden das neue Empfinden und die veränderte Wahrnehmung der Menschen derart deutlich wie in der Malerei. Die großen Meister der Renaissancemalerei wie Albrecht Dürer, Sandro Botticelli, Leonardo da Vinci oder Michelangelo Buonarroti schufen Werke, in denen Natur und Mensch so lebensecht dargestellt wurden wie nie zuvor. 5 10 15 30 35 40 45 50 55 M 1: „Junger Feldhase“ von Albrecht Dürer, Gemälde, 1502, Wien, Grafische Sammlung Albertina. 20 25 MUSTER

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