92 Wechselwirkungen zwischen Religion und Herrschaft Transfer: Der Bischof von Rom – ein weltlicher Herrscher? 92.2 Papst Franziskus I. 92.1 Papst Pius XII. Auffällig ist das „Flabellum“ hinter dem Papst: Es handelt sich hierbei um einen Fächer aus Pfauenfedern, der ursprünglich zum orientalischen Königszeremoniell gehörte. Aufgaben 1 Vergleichen Sie die Darstellungen von Kaiser Justinian ( S. 81), Kaiser Otto III. ( S. 82) und Papst Pius XII. und Papst Franziskus und arbeiten Sie Ähnlichkeiten in der Kleidung heraus. Interpretieren Sie diese Kleider-Tradition. (HM) 2 Beurteilen Sie anhand der Bilder der beiden Päpste, ob sich die päpstliche Selbstinszenierung im letzten Jahrhundert verändert hat. (HO) 3 Vergleichen Sie die Selbstpräsentation der in diesem Kapitel vorgestellten weltlichen und religiösen Herrscher und stellen Sie Vermutungen über die jeweilige Herrschaftsauffassung an. (HM) Schon in der Antike erhob der Bischof von Rom einen Führungsanspruch innerhalb der christlichen Gemeinschaft. In der Spätantike und im Frühmittelalter war er jedoch zuerst vom byzantinischen Kaiser und später von den fränkischen und Römisch-Deutschen Herrschern abhängig. Die Römisch-Deutschen Kaiser setzen oft die Päpste ein, umgekehrt beanspruchten die Päpste das Recht auf Verleihung der Kaiserwürde. Das Papstwahlgesetz von 1059 Mit dem Papstwahlgesetz von 1059 versuchten Papst Gregor VII. und die Kirche, sich von der Herrschaft des Kaisers zu befreien. Ab nun sollte der Papst nicht mehr vom Kaiser eingesetzt, sondern von den Kardinälen gewählt werden. Der Kaiser behielt nur das Recht, ihn nachträglich anzuerkennen. Papst Gregor VII., ein ehemaliger Mönch aus dem Reformkloster Cluny ( S. 80), forderte somit die Unterordnung des Kaisers unter die päpstliche Macht. Die Machtansprüche der Päpste Da Heinrich IV. darauf bestand, die Bischöfe zu bestimmen und einzusetzen, und sogar den Papst absetzen wollte, sprach Gregor VII. den Bann (Ausschluss aus der Christengemeinde) über ihn aus. Heinrich IV. musste nachgeben, einen Bußgang zur italienischen Burg Canossa antreten und dort um Verzeihung bitten. Die gesteigerte Bedeutung und Macht des Papstes zeigte sich auch, als Papst Urban II. zur Teilnahme an den Kreuzzügen aufrief und Hunderttausende dem Aufruf Folge leisteten ( S. 90). Im Spätmittelalter nahm der französische König die Päpste in Avignon gefangen und setzte damit ihrem Streben nach einer politischen Vormachtstellung ein Ende. Zeichen päpstlicher Macht Wenn Päpste öffentlich auftreten, verweist ihre Kleidung – sie geht (wie die der Juristinnen und Juristen) auf die spätantike Amtstracht zurück – auch heute noch auf die Kontinuität und Tradition ihres Amtes. Der Papst regiert als absoluter Monarch über den Vatikanstaat und wird, wie im Mittelalter, durch die höchsten Würdenträger, die Kardinäle, gewählt. Der Krummstab ist Ausdruck seines Hirtenamtes. MUSTER
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