83 2.5 Könige, Kaiser, Päpste Abgeleitet von altsächsisch und althochdeutsch „kuning“, ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes König „Mann von vornehmer Herkunft“. Nach altem germanischem Recht war das Königsheil an die Sippe gebunden, das heißt, dass das Volk jemanden nur als König anerkannte, wenn er aus einem Königsgeschlecht stammte. Im Laufe des Mittelalters setzte sich jedoch die Auffassung durch, dass ein König durch Fürsten gewählt werden müsse. Voraussetzungen für die Wahl zum König Um gewählt zu werden, mussten die fränkischen Könige folgende Bedingungen erfüllen: • königliche Abstammung, • Berufung durch den königlichen Vorgänger, • Wahl durch die Großen des Reiches, • Zustimmung des „Volkes“. Der Königstitel begründete nur die Herrschaft im deutschen Reichsteil. Kaiser: Schutzherren der römischen Christenheit Das althochdeutsche „keisar“ wie auch das slawische „Zar“ leiten sich von dem lateinischen Eigennamen „Caesar“ ab. Der Kaiser war der universelle Schutzherr der römischen Christenheit und wurde vom Papst in Rom gekrönt. Der Kaisertitel stellte im Mittelalter die höchste Herrscherwürde dar. Er wurde 800 erstmals wieder von Karl dem Großen verwendet. Karl, der große Kaiser Seit Karl dem Großen ( S. 73 f.) nahm das Frankenreich die Stelle des aufgelösten Weströmischen Kaiserreiches ein. Karl wurde nicht nur gesalbt, wie es bis dahin üblich war, sondern vom Papst gekrönt. Er machte dadurch deutlich, dass er der neue Kaiser war, stellte sich aber auch in die Tradition der römischen Kaiser. Karl siegelte seine Urkunden nach römischer Art mit Gemmen, die sein lorbeergeschmücktes Bild und die Inschrift „Erneuerer des Römischen Imperiums“ zeigten. Auf den Urkunden las man: „Karl der Erhabene und von Gott gekrönte Augustus, der große friedensstiftende Kaiser, der das Römische Reich regiert, von Gottes Gnaden König der Franken und Langobarden.“ Den oströmischen Herrscher ließ der Papst nun nicht mehr in den Gebeten der Kirche erwähnen, sein Name verschwand aus den Urkunden und von den Münzen – an seine Stelle trat Karl. Verknüpfung von Papsttum und Kaisertum Durch die vom Papst vorgenommene Kaiserkrönung entstand zwischen Papsttum und Kaisertum eine unmittelbare Verknüpfung. Indem Papst Leo III. Karl dem Großen die Kaiserwürde verlieh, akzeptierte der weltliche Herrscher die Kirche als Vermittlerin dieser Würde. Hieraus entspann sich ab dem 11. Jh. ein tiefgehender Konflikt um die Frage, ob der Kaiser aufgrund seiner sakralen Legitimierung auf die Geistlichen und Päpste Einfluss nehmen dürfe. Der Einfluss des Papstes wurde daraufhin zurückgedrängt. Im späten Mittelalter verlor die Kaiserwürde an Bedeutung, entscheidend wurde nun allein die Wahl des Königs durch die Kurfürsten. In den 730 Jahren zwischen der Errichtung des abendländischen Kaisertums durch Karl den Großen (800) und der letzten durch einen Papst vorgenommenen Kaiserkrönung (1530, Krönung von Karl V.) regierten zahlreiche Könige das fränkische und das aus dessen Zerfall hervorgegangene ostfränkisch-deutsche Reich, das als „Sacrum Imperium“ bzw. „Sacrum Romanum Imperium“ („Heiliges Römisches Reich“) bezeichnet wurde. Aufgaben 1 Erschließen Sie aus der Textquelle die Rolle der Herzöge, des Erzbischofs von Mainz und des Volkes bei der Krönung Ottos I. (HM) 2 Diskutieren Sie die enge Verbindung zwischen Religion und Herrschaft im Mittelalter. Stellen Sie fest, wo es so intensive Verbindungen auch heute noch gibt. (HO) Krönung Ottos I. zum König (10. Jh.) Bericht des Mönchs Widukind von Corvey Die Herzöge und die Ersten unter den Grafen ver- sammelten sich […] und setzten den neuen Herrscher auf den hier errichteten Thron. Sie huldigten ihm, gelobten ihm Treue und versprachen ihm Hilfe gegen alle seine Feinde und machten ihn nach ihrem Brauch zum König. Während dies die Herzöge und die übrige Beamtenschaft vollführten, erwartete der Erzbischof mit der gesamten Priesterschaft und dem ganzen Volk im Inneren der Basilika den Auftritt des neuen Königs. Als dieser erschien, ging ihm der Erzbischof entgegen, berührte mit seiner Linken die Rechte des Königs, […] schritt vor bis in die Mitte des Heiligtums und blieb stehen. Er wandte sich zum Volk um […] und sagte: Seht, ich bringe euch den von Gott erwählten und von dem mächtigen Herrn Heinrich [= Ottos Vater] einst designierten, jetzt aber von allen Fürsten zum König gemachten Otto, wenn euch diese Wahl gefällt, zeigt dies an, indem ihr die rechte Hand zum Himmel emporhebt. Hartmann, Deutsche Geschichte, Bd. 1, S. 143 f. Religion und Politik MUSTER
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==