80 Wechselwirkungen zwischen Religion und Herrschaft Aufgaben 1 Nehmen Sie Stellung zur These von Erving Goffman, dass die strenge Alltagsorganisation und Zeitdisziplin im Kloster dem Leben in einem Internat, einem Gefängnis, einem Krankenhaus oder einem Waisenhaus ähnelt. (PU) 2 Diskutieren Sie darüber, warum Manager im Kloster Unternehmensführung lernen oder während eines Klosterurlaubs Stille, Spiritualität und Entspannung finden können. (PU) 3 Stellen Sie fest, ob es in Ihrer Umgebung Klosterschulen gibt oder ob Klöster Krankenhäuser und Altenheime führen. (HO) mittelalter antike Bildung und Kultur fast ausschließlich in den Klöstern gepflegt. Die Verschriftlichung der Vorgänge innerhalb und außerhalb der Klöster machte Mönche und Nonnen zu Geschichtsschreiberinnen, zu Spezialisten des Rechts sowie Spezialistinnen der Landwirtschaft und der Medizin. So wurde etwa die Wirkung von Naturheilmitteln sorgfältig aufgezeichnet. Zeiteinteilung und Pflicht zur Arbeit Der Tagesrhythmus der Mönche und Nonnen war streng reglementiert. Um 3.00 Uhr in der Früh begann der Tag mit dem Morgengebet. Er dauerte – bestimmt durch den Wechsel von Gebet und Arbeit – bis 21.00 Uhr. Frei verfügbare Zeit stand nur nach dem feierlichen Abendgebet (18.00 Uhr) zur Verfügung. Verbesserung der Wirtschaftsleistung Infolge ihrer guten Organisation waren die meisten Abteien besser verwaltet als die weltlichen Herrschaften. Besonders die Zisterzienserklöster erzielten hohe Erträge im Weinbau und der Fischzucht. Entstehen eines sozialen Netzes Die sich aus der Nächstenliebe ergebende Verpflichtung, Pilgerinnen und Pilger zu beherbergen, Arme zu verpflegen, Kranke zu behandeln sowie Waisen und Witwen zu versorgen, ließ ab dem Frühmittelalter eine vielschichtige Infrastruktur auf dem Klostergelände entstehen. Gratis, um „Gotteslohn“, übernahmen Nonnen und Mönche die Aufgabe der Sozialfürsorge. In vielen Ländern innerhalb und außerhalb Europas erfüllen von Klöstern geführte Spitäler und Altenheime auch heute noch wichtige Aufgaben. Irische und schottische Mönche verlassen ihre Heimat Jahrhundertelang war das Christentum vom Mittelmeer ausgehend in den Norden vorgedrungen. Im 7. Jh. trieben irische und schottische Mönche die Christianisierung des Kontinents vom Norden her voran. Um besonders gottesfürchtig zu leben und das Evangelium zu verkünden, verließen sie ihre Heimat. Columban (543–615) begann seine Missionstätigkeit mit etwa 40 Jahren. Er führte in den von ihm gegründeten Klöstern Bußvorschriften ein: „Wer am Beginn eines Psalms hustet und nicht gut singt, werde mit sechs Schlägen bestraft.“ Um 610 errichtete er in Bregenz ein Kloster und eine Kirche. Virgil (ca. 700–784) verließ Irland 743. Als Bischof ließ er den ersten Dom in Salzburg errichten und missionierte in Kärnten. Reformbewegungen Die 910 gegründete Benediktinerabtei Cluny wurde zum Ausgangspunkt bedeutender Klosterreformen und dadurch eines der einflussreichsten religiösen Zentren des Mittelalters. Ihre Kirche war zeitweise das größte Gotteshaus des Christentums. Während der Französischen Revolution wurde das Kloster gesprengt. In den folgenden Jahrhunderten gab es weitere Reformbewegungen. Der bedeutendste Vertreter der Armut als Form der Christusnachfolge war Franziskus von Assisi (1181/82 – 1226), der streng nach dem Vorbild von Jesus von Nazareth leben wollte. Als sich ihm immer mehr Gefährten anschlossen, gründete er den „Orden der Minderen Brüder“ (Franziskaner und Minoriten), einen Bettelorden, d.h. eine Ordensgemeinschaft, deren Mitglieder sich zum Verzicht auf Eigentum verpflichteten. Etwa gleichzeitig, zu Beginn des 13. Jhs, gründete der spanische Mönch Dominicus einen weiteren Bettelorden (die späteren Dominikaner), dessen Mönche als Prediger hervortraten. Die Kirche reformieren wollten auch die Waldenser, Katharer oder die Hussiten, doch im Gegensatz zu den Franziskanern wurden sie der Ketzerei bezichtigt und verfolgt. 80.1 Gewand des Franz von Assisi (Chiusi della Verna, Toskana). MUSTER
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