Schritt 1: Die Darstellung beschreiben • Wer oder was ist dargestellt? • Welche Personen, Gegenstände oder Szenen sieht man? • Aus welchen Elementen besteht das Bild? • Wie ist das Bild aufgebaut? • Was steht im Zentrum? • Was wird sonst noch dargestellt? Im Zentrum des Bildes steht Karl der Große. Dürer hat ihn als vollbärtigen älteren Mann in vollem Kaiserornat dargestellt: Auf dem Kopf trägt er die frühestens seit Anfang des 11. Jhs. existierende Bügel- bzw. Plattenkrone, in der rechten Hand hält er das Zeremonienschwert (13. Jh.), in der linken den „Reichsapfel“ mit aufgesetztem Kreuz (um 1200). Er hat den aus spätstaufischer Zeit stammenden Kaisermantel übergeworfen, auf dem der Adler als kaiserliches Wappentier immer wieder auftaucht. Die Inschrift auf Dürers Bild lautet: „Karolus magnus imperavit Annis 14“. Schritt 2: Die Darstellung analysieren • Aus welcher Zeit stammt die Darstellung? • Gibt die Darstellung einen Hinweis auf die Zeit, aus der sie stammt? • Hat der Künstler bzw. die Künstlerin die dargestellte Person gekannt? Lebten Künstlerin oder Künstler und dargestellte Person zur selben Zeit? • Ist die Darstellung eher realistisch, verklärend oder verfälschend? • An wen richtet sich das Bild? • Wer könnte der Auftraggeber oder die Auftraggeberin gewesen sein? Dürer schuf das Gemälde 700 Jahre nach dem Tod Karls. Er hat Karl nicht gekannt. Weder Krone noch Schwert, Reichsapfel und Kaisermantel stammen aus dem 9. Jh. Dürer hat Herrschaftsinsignien aus verschiedenen Jahrhunderten zusammengestellt, um Karl zu verklären und in seiner kaiserlichen Macht zu zeigen. Das Bild richtet sich an die Bevölkerung Nürnbergs, wo die Reichskleinodien aufbewahrt wurden. Es entstand im Auftrag des Nürnberger Rats. Schritt 3: Die Bedeutung der Darstellung erschließen • Wie groß ist der zeitliche Abstand zwischen der Entstehungszeit des Werkes und der dargestellten Zeit? • Welche Botschaft hat die Darstellung? • Was wurde mit der Darstellung bezweckt, wofür wurde sie verwendet? Da der zeitliche Abstand zwischen Karls Leben und der Entstehungszeit sehr groß war, erfand Dürer das Äußere des Herrschers. Seine Absicht war es, den Glanz des mittelalter- lichen deutschen Kaisertums und die Wichtigkeit der Insignien (Schwert, Zepter, Krone und Mantel) dieses Herrschers darzustellen. Dass Nürnberg in der Inschrift auf dem Rahmen ausdrücklich erwähnt wird, untermauert die Ansicht, dass die Auftraggeber die Bedeutung Nürnbergs als Aufbewahrungsort der Reichskleinodien hervorheben wollten. Dürers Bild wurde prägend für die Vorstellung, die sich die Nachwelt von Karl dem Großen machte. Schritt 4: Vergleich mit anderen Darstellungen der gleichen Person, des gleichen Ereignisses • Benennen Sie Gemeinsames und Unterschiede. • Was wird in welcher Darstellung betont, gezeigt bzw. nicht gezeigt? • Beschreiben und analysieren Sie die Darstellungen mithilfe der Fragen auf dieser Seite. Vier Schritte zur Dekonstruktion historischer Darstellungen Insignien = Herrschaftszeichen, Kennzeichen einer Würde, einer Machtposition, eines Amtes oder eines ständischen Ranges Insignien gibt es in nahezu allen Kulturen. Sie haben einen hohen Symbolgehalt. Ihre jeweilige Bedeutung unterliegt zum Teil großem Wandel. Um die Bedeutung der Reichskleinodien zu verstehen, muss man beachten, dass Macht im Mittelalter zur Anschauung gebracht werden musste. Rituale wie die Königs- und Kaiserkrönung spielten dabei eine sehr große Rolle. Um eine historische Darstellung zu dekonstruieren, schlagen wir Ihnen vier Arbeitsschritte vor. Wir erläutern sie an einem Gemälde Albrecht Dürers, einer Darstellung von Karl dem Großen. 76 Kompetenzen erwerben MUSTER
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