GO! 5/6 + E-Book

Warum erinnert man sich in Frankreich und Deutschland an Karl den Großen? Wie sah er aus? Was war er für ein Mensch? Wer macht Geschichte? An welche „Helden und Heldinnen“, Persönlichkeiten und Ereignisse sich eine Gemeinschaft erinnert, hat immer mit der jeweiligen Gegenwart zu tun. Denkmäler und andere „offizielle“ Kunstwerke bewerten Ereignisse und Personen. Sie sagen nicht nur über die Dargestellten etwas aus, sondern auch über ihre Entstehungszeit, über die Künstler und Künstlerinnen, die sie geschaffen haben, und über Auftraggeber und Auftraggeberinnen. Auch im Nachhinein geschaffene Gemälde oder Denkmäler historischer Persönlichkeiten beeinflussen das gemeinsame (kollektive) Gedächtnis von Gemeinschaften. Darstellungen Karls des Großen Von Karl dem Großen gibt es – wie von den meisten anderen mittelalterlichen Herrschern und Herrscherinnen – keine zu seinen Lebzeiten entstandenen realitätsnahen Porträts. Unsere Vorstellungen werden von Künstlern und Künstlerinnen geprägt, die Karl Jahrhunderte nach seinem Tod darstellten. Diese späteren Darstellungen hatten zu ihrer Zeit einen bestimmten Zweck, der für heutige Betrachterinnen und Betrachter nicht mehr sofort zu erkennen ist. Kunstwerke richtig „lesen“ Historische Kunstwerke geben nicht die Wirklichkeit wieder, sondern sind Zeichensysteme mit einer eigenen Bildsprache und einer spezifischen Wirkung. Sie haben großen Einfluss darauf, welche Vorstellungen wir uns von geschichtlichen Ereignissen und Persönlichkeiten machen. Dekonstruktion von historischen Darstellungen berühmter Personen Wie wird man zum Helden oder zur Heldin? 75.1 Albrecht Dürer, Karl der Große (1513). Für Dürer war das mittelalterliche Kaisertum noch Wirklichkeit, er hat die Krönung Karls V. 1520 als Augenzeuge miterlebt. Dürers Heimatstadt Nürnberg war Aufbewahrungsort der alljährlich einmal öffentlich gezeigten Reichskleinodien. Umschrift auf dem Rahmen des lebensgroßen Bildes: „Dis ist der gestalt vnd biltnus gleich / Kaiser Karlus der das Remisch reich / Den teitschen undertenig macht / Sein Kron und Klaidung hoch geacht / zaigt man zu Nürenberg alle Jar / Mit anderm haltum offenbar.“ Dekonstruktion = Hinterfragen des Aussagegehalts historischer Darstellungen, Infragestellen vertrauter „Lesarten“ von Texten, Bildern, Fotos usw. 75 Dekonstruktion von historischen Darstellungen MUSTER

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==