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62 Kulturkontakte im mediterranen Raum Transfer: Römisches Erbe im 21. Jahrhundert Die Wiederentdeckung und Bewunderung der Antike begann in der Zeit der Renaissance und des Humanismus im 15. Jh. Die griechische Philosophie, antike Kunst und Literatur, das römische Recht, die lateinische Sprache wurden zum Vorbild und prägend für die europäische Identität. Latein – eine tote Sprache? Das Ende des Römischen Reiches bedeutete nicht das Ende der lateinischen Sprache. Aus dem Vulgärlatein, der „lateinischen Volkssprache“, entwickelten sich zwischen 800 und 1000 n. Chr. die romanischen Sprachen. In der Renaissance wurde die Bedeutung der lateinischen Sprache als Wissenschaftssprache gefestigt. Bis ins 18. Jh. wurden fast alle wissenschaftlichen Arbeiten in lateinischer Sprache verfasst. So schrieben Galilei, Kopernikus, Newton, Kepler und Euler ihre Werke auf Latein. Auch heute noch sind viele wissenschaftliche Fachausdrücke lateinischen Ursprungs. Darüber hinaus ist Latein bis heute die offizielle Sprache der römisch-katholischen Kirche. Deshalb ist der Einfluss des griechisch-lateinischen Wortschatzes in den modernen europäischen Sprachen bis heute enorm. Dies gilt nicht nur für die romanischen, sondern auch für die germanischen und slawischen – ja sogar für die nicht-indoeuropäischen Sprachen (z. B. für Ungarisch und Türkisch). Der englische Wortschatz hat z. B. 64 %, die russische Alltagssprache 10 % antike Wurzeln. Aufgaben 1 Klären Sie die Bedeutung der heute noch gebräuchlichen lateinischen Begriffe und Redewendungen: Alibi – ultima ratio – curriculum vitae – cui bono? – Tu, felix Austria, nube! (HS) 2 Klären Sie mithilfe von Wörterbüchern (gedruckt oder digital) Bedeutung und Herkunft folgender Wörter: solo (ital.) – fevrál (russ.) – Transit (dt.) – orá (ung.) – terör (türk.) – advokát (tschech.) – subway (engl.) – bien (franz.) – diez (span.) – caro (port.). (HS) Mögliche Links: http://dict.leo.org, www.pons.de, http://de.bab.la/woerterbuch, www.auxilium-online.net. 3 Nennen Sie konkrete Fälle, in denen die angeführten römischen Rechtsgrundsätze von Bedeutung sind. (HO) 4 Die Erinnerung an die Antike ist heute allgegenwärtig. Forschen Sie nach und benennen Sie jeweils zwei konkrete Beispiele zur Philosophie, Literatur, bildenden Kunst und Architektur. Vergleichen Sie dazu auch die S. 69. Erläutern Sie mögliche Gründe für die Attraktivität dieser Epoche. (HO) Römisches Recht – Grundlage europäischer Rechtssysteme Das römische Recht geht – im Gegensatz zu anderen wichtigen Errungenschaften des Römerreiches – nicht auf griechische Vorläufer zurück. Die Niederschrift römischer Gesetze begann mit dem Zwölftafelgesetz (ca. 450 v. Chr.) und endete mit einer umfangreichen Sammlung aller römischen Rechtsquellen im Auftrag des oströmischen Kaisers Justinian I. im 6. Jh. ( S. 81) Einige römische Rechtsgrundsätze sind heute noch gültig, etwa: In dubio pro reo: Falls mangels an Beweisen der Angeklagte nicht zweifelsfrei schuldig gesprochen werden kann, soll er freigesprochen werden. Caveat emptor: Der Käufer sei wachsam. – Offensichtliche Mängel führen zu keinen Gewährleistungsansprüchen. Das Corpus Iuris Civilis Die Gesetzessammlung Kaiser Justinians, das sogenannte „Corpus Iuris Civilis“, wurde im Mittelalter vor allem durch italienische Rechtsgelehrte in Bologna wieder aufgegriffen und in Europa verbreitet. Bis heute ist es Grundlage der europäischen Gesetzbücher, so auch des 1812 in Kraft getretenen österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB). Deshalb müssen Studierende der Rechtswissenschaften auch heute noch Prüfungen zum römischen Recht ablegen. 62.1 Das deutsch-lateinische Haus. Schindel scindula (Tür-)Pfosten postis Pforte porta Fenster fenestra Dach tectum Kamin caminus Ziegel tegula Mörtel mortarium Mauer murus Keller cellarium MUSTER

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