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298 Das „lange“ 19. Jahrhundert 1886 wurde in Österreich erstmals eine Frauenvereinigung mit wirtschaftlichen Zielen, der „Wiener Frauen- Erwerb-Verein“, gegründet. Die Mitglieder setzen sich ein für den Zugang von Frauen zu standesgemäßen beruflichen Tätigkeiten und die Möglichkeit, die dafür erforderlichen Qualifikationen zu erwerben. (Feigl, 100 Jahre Frauentag, S. 2). Auf dem Weg zur Gleichstellung 1893 fand in Wien der erste Frauenstreik statt. Er wurde von der erst siebzehnjährigen Arbeiterin Amalie Ryba ins Leben gerufen und nach zwei Wochen erfolgreich beendet. Die ungefähr 700 streikenden Frauen konnten ihre Forderungen durchsetzen: Sie erreichten eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 10 Stunden pro Tag, außerdem wurde ein Mindestlohn bewilligt und der 1. Mai als arbeitsfreier Tag anerkannt. (Zit. nach: Feigl, 100 Jahre Frauentag, S. 4). 1975–1978 wurde mit der Reform des Ehe- und Familienrechts eine der Grundlagen für die Gleichstellung von Frauen geschaffen: Ehemänner waren nicht länger das „Haupt der Familie“, sondern Frauen und Männer wurden zu gleichwertigen Ehepartnern. Der Mann konnte ab diesem Zeitpunkt seiner Frau nicht mehr verbieten, berufstätig zu sein. (Vgl. Feigl, 100 Jahre Frauentag, S. 7). Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern Obwohl die Zahl der berufstätigen Frauen in Österreich seit Jahrzehnten ständig steigt, nehmen die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern kaum ab. Nach wie vor sind Frauen häufig in Niedriglohnbranchen tätig und nehmen vergleichsweise selten leitende Positionen ein. Der Anteil der teilzeitbeschäftigten Frauen hat sich seit 1992 mehr als verdoppelt. Ein Zeichen, dass es unter den bestehenden Rahmenbedingungen (z. B. Halbtagsschulen) nahezu unmöglich ist, familiäre Pflichten mit einer Vollzeitbeschäftigung zu vereinbaren. (Feigl, 100 Jahre Frauentag, S. 15). Die Gleichbehandlungsberichte der EU-Kommission belegen diesen Befund: Im Gegensatz zum europäischen Trend wachsen die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen in Österreich weiter an. Frauen verdienen für die gleiche Arbeit 20 Prozent weniger als Männer, gleichzeitig sinkt der Frauenanteil in Spitzenpositionen (2010: 28 %). Gemeinsam mit Deutschland findet sich Österreich damit am untersten Ende der Statistik. (Zit. nach: www.profil.at/articles/0805/560/196218/die-frau-warum-gleich [März 2016]). Aufgaben 1 Stellen Sie Vermutungen darüber an, warum Frauen bei gleicher Arbeit geringeren Lohn erhalten. Begründen Sie Ihre Aussagen. (PU) 2 Gruppenarbeit: Lesen und interpretieren Sie die Statistik auf dieser Seite mithilfe der in Kapitel 6 vorgestellten Methode. (HM) 6.2 Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit? 298.1 Mittleres Bruttojahreseinkommen der unselbstständig Erwerbstätigen. Erstellt am 12.12.2019. Statistik Austria. Die rund 4,5 Mio. unselbstständig Erwerbstätigen (ohne Lehrlinge) erzielten 2018 ein mittleres Bruttojahreseinkommen von 28 459 Euro. Die Einkommen der Frauen erreichten mit 21 996 Euro im Mittel nur 63,3 % des Einkommens der Männer (34 730 Euro), wobei Frauen viel häufiger teilzeitbeschäftigt sind. Mittlere Bruttojahreseinkommen der unselbständig Erwerbstätigen 2019 70 000 60 000 50 000 40 000 30 000 20 000 10 000 0 Arbeiterinnen und Arbeiter Angestellte Vertragsbedienstete Beamtinnen und Beamte Männer Frauen Insgesamt in Euro MUSTER

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