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294Das „lange“ 19. Jahrhundert Geplant von einer Minderheit, veränderte der Erste Weltkrieg den Alltag von Millionen Menschen. Er wurde vor allem auf den Schlachtfeldern in Europa ausgetragen, eskalierte aber durch die Einbeziehung der europäischen Kolonialreiche und den Eintritt der USA zu einem weltumspannenden Krieg. Auf den Schlachtfeldern wurden ca. 10 Mio. Soldaten getötet, aber auch 7 Mio. Zivilisten kamen ums Leben. 294.1 Ein deutscher Offizier betrachtet Leichen in einem russischen Schützengraben nach einem Gasangriff, Ostfront 1916. Im April 1915 setzten die Deutschen als erste Nation Giftgas ein, mehr als tausend Soldaten starben qualvoll an der Westfront. Ab Herbst 1915 verwendeten auch die Briten, später auch Franzosen und Russen Giftgas. Aufnahmen von Kriegsopfern wurden nur selten veröffentlicht, besonders in Deutschland gab es diesbezüglich eine strenge Zensur. 5.7 Kriegsrealität Aufgaben 1 Analysieren Sie das Foto vom deutschen Gasangriff nach den vorgeschlagenen 6 Schritten ( S. 265 f.) und greifen Sie dabei besonders Schritt 3 heraus. Erörtern Sie, warum dieses Foto von der Zensur nicht freigegeben worden sein könnte. Nehmen Sie anschließend zur Frage Stellung, ob Bilder von verletzten oder toten Kriegsopfern veröffentlicht werden sollten. (HM, PU) 2 Arbeiten Sie heraus, welche Einstellung zum Krieg sich aus dem Bericht Richerts herauslesen lässt. (HM) Die Schlacht bei Saarburg Am Morgen des 20.08.1914 sah Dominik Richert ein Feld in der Nähe von Saarburg/Lothringen, auf dem in der Nacht schwere Kämpfe stattgefunden hatten. Welch ein Anblick bot sich mir! Vor uns lagen tote und verwundete Franzosen, so weit man blicken konnte. Die toten Deutschen lagen auch noch da, die Verwundeten waren schon weggeschafft. Ich ging zu den nächsten französischen Verwundeten und verteilte ihnen meine Feldflasche Kaffee [sic!]. Wie diese Armen dankten! Deutsche Sanitätswagen fuhren heran, die die verwundeten Franzosen wegführten. Die Toten waren zum Teil entsetzlich anzusehen, teils lagen sie auf dem Gesicht, teils auf dem Rücken. Blut, verkrallte Hände, verglaste Augen, verzerrte Gesichter. Viele hielten die Gewehre krampfhaft in der Hand, andere hatten die Hände voll Erde oder Gras, das sie im Todeskampf ausgerissen hatten. Ich sah viele Soldaten beisammenstehen an einer Stelle, ging hin, und es bot sich da ein entsetzliches Bild. Ein deutscher und ein französischer Soldat lagen da halb kniend gegeneinander. Jeder hatte den anderen mit dem Bajonett durchbohrt und sie waren so zusammengesunken. Richert, Beste Gelegenheit zum Sterben, S. 28–29. Materialschlachten und Stellungskrieg Die meisten Soldaten waren mit patriotischer Begeisterung in den Krieg gezogen. Der Kriegsalltag jedoch entsprach nicht ihren Erwartungen. Mit großen Offensiven versuchten die Armeen, die in Schützengräben erstarrten Fronten aufzubrechen. Jedem Angriff der Infanterie ging tagelanger Artilleriebeschuss voraus, doch die Verteidigung nutzte die neu entwickelten, wirkungsvollen Abwehrwaffen wie das Maschinengewehr und Giftgas. In diesen Materialschlachten verloren innerhalb von wenigen Monaten Hunderttausende von Soldaten ihr Leben, ohne dass sich der Verlauf der Front um mehr als einige Meter verändert hätte. Ständiges Trommelfeuer, der Anblick toter und verstümmelter Menschen, Schlamm, Schmutz und Hunger zermürbten die Widerstandskraft der Soldaten. Zeitzeugenbericht aus dem Ersten Weltkrieg Dominik Richert, Sohn eines elsässischen Bauern, musste 1913 seinen Wehrdienst antreten und kämpfte von 1914 bis 1918 als deutscher Soldat an der West- und Ostfront. Nach dem Krieg schrieb er seine Erinnerungen auf. MUSTER

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