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292 Das „lange“ 19. Jahrhundert Kaum ein anderer Krieg wurde so intensiv erwartet, gefürchtet und sogar erhofft wie der Erste Weltkrieg. Schriftsteller und Zeitungsredakteure schrieben ihn herbei, hohe Militärs und adelige Entscheidungsträger spielten Jahre vor dem Ausbruch mit dem Gedanken eines „Präventivkrieges“, d. h. eines „vorbeugenden Angriffskrieges“. Anfang des 20. Jhs. zählte Krieg zu den legitimen Mitteln der Politik. Einige Intellektuelle wie Karl Kraus oder Bertha von Suttner und Vertreter und Vertreterinnen der Arbeiterbewegung warnten allerdings vor einem Kriegsausbruch. 292.1 „[…] Bis über’n Kopf ins schwarze Nass / Tunkt Wilhelm sie im Tintenfass.“ Illustration aus: Karl Ewald Olszewski, Der Kriegs-Struwwelpeter/ Lustige Bilder und Verse, München 1915. 5.6 Kriegsbegeisterung 1914 Aufgaben 1 Erörtern Sie mögliche Gründe der deutschen Heeresführung, Kinderbücher umzuschreiben, um Kriegspropaganda zu betreiben. Diskutieren Sie darüber, ob solche Maßnahmen erfolgreich gewesen sein könnten, und überlegen Sie, auf welche Weise heute Kinder beeinflusst werden könnten. (PU) Sigmund Freud nach der österreichischen Kriegserklärung an Serbien Ich fühle mich vielleicht zum ersten Mal seit 30 Jahren als Österreicher und möchte es noch einmal mit diesem wenig hoffnungsvollen Reich versuchen. Zit. nach Rauchensteiner, Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie, S. 142. Tagebuch des deutschen Marinekabinettschefs Karl Alexander von Müller (1914) Stimmung glänzend. Die Regierung hat eine glückliche Hand gehabt, uns als die Angegriffenen hinzustellen. Berghahn, S. 37. Georg Heym, Tagebuchauszug (06. 07. 1910) Der deutsche Dichter Georg Heym (1887–1912) hält in seinem Tagebuch die Stimmung am Vorabend des Ersten Weltkrieges fest: Ach, es ist so furchtbar. […] Es ist immer das gleiche, so langweilig, langweilig, langweilig. Es geschieht nichts, nichts, nichts. Wenn doch einmal etwas geschehen wollte, was nicht diesen faden Geschmack von Alltäglichkeit hinterlässt. […] Oder sei es nur, dass man einen Krieg begänne, er kann ungerecht sein. Dieser Frieden ist so faul ölig und schmierig wie eine Leimpolitur auf alten Möbeln. Karl Ludwig Schneider (Hg.), Georg Heym, Band 3, S. 138 f. Kriegspropaganda hatte das Ziel, der Bevölkerung den Nutzen des Krieges schmackhaft zu machen. Neben Feldpostkarten, Propagandaplakaten, einseitigen Presseberichten, Flugblättern, Büchern und Propagandafilmen wurden auch Kinderbücher eigens für diesen Zweck produziert. 1915 erschien „Der Kriegsstruwwelpeter“ von Karl Ewald Olszewski. Im Original steckt der Nikolaus böse Buben ins Tintenfass, im „Kriegsstruwwelpeter“ verfrachtet der deutsche Kaiser Wilhelm II. Zar Nikolaus (mit Fellmütze), den britischen Außenminister Grey (mit Zylinder) und einen Franzosen hinein. MUSTER

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