26 Kulturkontakte im mediterranen Raum 1.9 Sparta – Beispiel einer Polis Eine besondere Quellensituation Die ersten antiken Nachrichten über Sparta stammen aus der Zeit nach dem Ausbruch des offenen Konflikts zwischen Sparta und Athen im Peloponnesischen Krieg. Von konservativen Autoren, die das demokratische Athen als verweichlichtes System kritisierten, wurde Sparta als Gegenbild präsentiert. Das macht es schwierig zu beurteilen, was – abgesehen von den Grundzügen der Gesellschaft – historisch glaubwürdig oder nur spätere Erfindung ist. Die spartanische Lebenswelt Ähnlich wie in Rom lebten auch die Menschen in Sparta unter dem ständigen Druck drohender militärischer Konflikte. Die in Sparta selbst lebenden Spartiaten bildeten eine militärische Elite, von der zwei Bevölkerungsgruppen abhängig waren. Die um Sparta Wohnenden (Periöken) waren von den Spartiaten abhängig, aber persönlich frei. Die im restlichen Land lebenden Heloten waren so etwas wie Staatssklaven. Sie mussten die Felder der Spartiaten bewirtschaften und wurden als ständige Gefahr betrachtet. Doch ihre Abhängigkeit war dadurch reduziert, dass nicht nur die Periöken, sondern auch Heloten gemeinsam mit den Spartiaten in den Krieg zogen. Die politische Organisation Die nur einige Tausend Menschen umfassende Gruppe der Spartiaten bildete die politische und militärische Elite. Gemeinsam mit den Periöken bildeten sie den „Staat der Lakedaimonier“, die offizielle Bezeichnung für Sparta. Die politischen Institutionen waren jedoch den Spartiaten vorbehalten. An der Spitze standen zwei Könige. Sie stammten aus zwei Adelsfamilien. Sie waren Priester der wichtigsten Gottheiten und die militärischen Führer. Ihre Macht wurde durch einen „Rat der Alten“ (Gerusia) und zusätzlich durch fünf Beamte (Ephoren), die jährlich aus der Oberschicht gewählt wurden, kontrolliert. Die Spartiaten konnten ab dem Alter von 30 Jahren in der Volksversammlung über eingebrachte Gesetzesvorschläge und die Entscheidung über Krieg und Frieden debattieren und abstimmen und die Ephoren wählen. Eine fast vollständige Männergesellschaft Das Bild von der freien und einflussreichen Stellung der Frau in Sparta dürfte nicht real, sondern ein Teil der in den Quellen vorgenommenen Idealisierung von Sparta sein. Zwar konnten Frauen Land besitzen, doch ihr Tätigkeitsfeld war wie in anderen Poleis der Haushalt. Dabei standen ihnen Sklavinnen zur Seite. Allerdings traten sie im Rahmen ihrer Erziehung in Chören auf und betrieben auch Sport in leichter Bekleidung. Die Informationen über die männlichen Kinder und Jugendlichen weisen auf eine extrem hierarchisch geprägte Erziehung hin. Neugeborene sollen durch eine Kommission der Ältesten begutachtet worden sein. Vom 7. bis zum 30. Lebensjahr lebten die Buben und jungen Männer gemeinsam in öffentlichen Erziehungsanstalten. Die Jugendlichen wurden zu extremer körperlicher Härte erzogen, die sie in eigenen Initiationsritualen unter Beweis stellen mussten. Angeblich gehörte dazu auch, dass sie einen der Heloten töten mussten. Mit ihrer Volljährigkeit wurden sie in Speisegemeinschaften der Erwachsenen aufgenommen, zu denen man sich täglich traf. 26.1 Kleine Bronzefigur einer spartanischen „Schenkelzeigerin“ (um 500 v. Chr.) Mädchen trugen bei sportlichen Wettkämpfen, die während religiöser Feste stattfanden, offenbar ein kurzes Gewand. Spartanische Frauen waren für ihre sportliche Erscheinung bekannt. Aufgaben 1 Athen und Sparta: Vergleichen Sie die beiden Poleis in Bezug auf die gesellschaftliche Struktur, die Stellung der Frauen und die Wertehaltungen. (HM) 2 Der Historiker Ernst Baltrusch kommt zu dem Schluss: „Sparta war der erste totalitäre Staat der Weltgeschichte und damit Vorbild auch für moderne Vertreter dieser Gattung.“ Untermauern Sie diese These mit konkreten Beispielen. (PU) 3 Erklären Sie, warum Sparta gerade für die (Bildungs-) Politik von autoritären Regierungen attraktiv ist. (PU) 4 Hermann Göring sagt in einer Rede am 30. Januar 1943: „Kommst Du nach Deutschland, so berichte, Du habest uns in Stalingrad kämpfen sehen, wie das Gesetz, das Gesetz für die Sicherheit unseres Volkes, es befohlen hat.“ Er verweist dabei auf ein legendäres kriegerisches Ereignis der Spartiaten. Forschen Sie nach und deuten Sie den Vergleich. Stellen Sie einen Zusammenhang zu dem Film „300“ her (vgl. S. 14). 5 „Ein spartanisches Leben führen“: Definieren Sie, was man damals darunter verstand und was man heute darunter versteht. MUSTER
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