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277 Die Bedeutung der Begriffe „Nation“, „Nationalgefühl“, „Nationalstaat“ und „Nationalismus“ veränderte sich vom Spätmittelalter bis ins 19. Jh. ständig. Am Konstanzer Konzil (1414 – 1418) z. B. stimmten die Bischöfe in vier „Nationen“ ab. Zur deutschen „Nation“ gehörten Polen und Ungarn, zur englischen auch die Skandinavier. Im späten 18. Jh. wurde von der „Tirolischen Nation“ gesprochen: Die Tiroler waren gut kaiserlich, aber nur beschränkt österreichisch […]. So entstand in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts der Begriff der tirolischen Nation, der nicht zuletzt von der Französischen Revolution genährt wurde […]. (Egg in: Ammann, Die Tirolische Nation 1790–1820, S. 6). Unser heutiger Nationsbegriff Während der Französischen Revolution und der napoleonischen Kriege wurden „Nation“ und „Nationalismus“ zu Schlüsselwörtern. Religion wurde teilweise durch Nationalismus ersetzt. Mögliche Faktoren für die Entstehung von Nationen sind gemeinsame Sprache und Kultur, die sich über längere Zeit entwickelt haben. Wichtiger als die gemeinsame Geschichte sind aber meistens nationale Symbole (z. B. Hymne, Fahne, Denkmäler und Feste) und gemeinsame Feindbilder (z. B. „Erbfeinde“, „Verräter“, „Bedrohungen“). Deutscher Nationalismus in der Ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Im Gebiet des Deutschen Bundes entwickelte sich unter dem Einfluss der napoleonischen Kriege der deutsche Nationalismus besonders in der bürgerlichen Schicht. Vor allem die studierende Jugend idealisierte die deutsche Nation und träumte von einem liberalen deutschen Nationalstaat. Es bildeten sich nationale deutsche Studentenvereinigungen, die Burschenschaften, die nationalistische Feste feierten. Ihre Hoffnungen wurden 1848 durch die Niederschlagung der Revolution zerstört ( S. 241). Nationalistische Strömungen in der Habsburgermonarchie Auch der multiethnische Habsburgerstaat unterdrückte den Nationalismus in der ersten Hälfte des 19. Jhs. Die außenpolitischen Misserfolge Franz Josephs I. und die Schaffung der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn führten zu einer Verstärkung der nationalistischen Bewegungen in allen Teilen der Monarchie. In der österreichischen Reichshälfte löste die Tatsache, dass es eine slawischsprachige Bevölkerungsmehrheit gab, bei der deutschsprachigen Bevölkerung irrationale Ängste aus und verstärkte den Deutschnationalismus. 3.2 Der Nationalismus – Erbe der Französischen Revolution 277.1 Tiroler Schütze, kolorierte Radierung, Wolfgang Pfaundler, Tiroler Jungbürgerbuch, Innsbruck 1967, S. 57. „So ziehet Edelmann, Bürger und Bauer in Thirol fürs Vaterland zu Felde.“ Ideologien bestimmen das 19. Jahrhundert MUSTER

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