268 Das „lange“ 19. Jahrhundert Der Prototyp der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jhs., der Bürger, war männlich. Die Teilnahme an den staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten war in der Regel dem männlichen Teil der Bevölkerung vorbehalten, das bürgerliche Familienmodell setzte die Ungleichheit der Geschlechter voraus. Frauen wurde als Aufgabenbereich Familie und Haushalt zugewiesen, eine Vorgabe, die politischem und gesellschaftlichem Engagement entgegenstand. Die Frauenbewegung Die Forderungen der bürgerlichen Frauenbewegung des 19. Jhs. waren nach der Niederschlagung der Revolution von 1848 ( S. 241 ff.) eher bescheiden, man verlangte u. a. eine Reform des Schulwesens für Mädchen, das Recht, ein Universitätsstudium zu absolvieren sowie eine verbesserte Ausbildung für Lehrerinnen und Lehrer. Österreichische Frauen pochten im Vergleich zu anderen Staaten erst relativ spät, Ende des 19. Jhs., auf ihr politisches Mitbestimmungsrecht. Proletarische Frauen Proletarische Frauen hatten mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen ( S. 261 f.). Sie arbeiteten mit ihren Männern – oft zwölf Stunden und mehr – für das Familieneinkommen und mussten zusätzlich alleine die Kinder versorgen und die Hausarbeit erledigen. Frauenspezifische Forderungen, z. B. nach dem Frauenwahlrecht, mussten hinter gesamtproletarischen Zielen meistens zurückstehen. 2.6 Frauenleben im 19. Jahrhundert 268.1 Karl Josef Raabe, Die Kinder des Malers Carl Gustav Carus (1828). Der deutsche Arzt, Maler und Naturphilosoph Gustav Carus – er besaß in jungen Jahren schon zwei Doktortitel – heiratete 1811 mit 22 Jahren seine fünf Jahre ältere Tante Caroline, geb. Carus. Das Paar hatte sechs Söhne und fünf Töchter. Aufgaben 1 Vergleichen Sie die Aussage des Abgeordneten Brestel mit der Zeitungsillustration auf S. 269 und arbeiten Sie die Perspektive heraus. (HM) 2 Kleingruppenarbeit: Lesen Sie Schillers Ballade „Das Lied von der Glocke“ auf www.projekt- gutenberg.org. Analysieren Sie, welche Geschlechterbilder Schiller darstellt: Fassen Sie die Aussagen über Eigenschaften, Verhaltensweisen und Aufgaben von Frauen und Männern zusammen. Diskutieren Sie, was davon noch gültig und was überholt ist. (HM, PU) Der Abgeordnete Brestel im Kremsierer Reichstag zu den Forderungen der Frauen nach dem Wahlrecht (1848) Wollte man die Weiber zulassen, weil sie an den Staatslasten Theil nehmen, so müsste man aus gleichem Grunde auch die Kinder und Narren zulassen. Zit. nach: www.demokratiezentrum.org/fileadmin/media/ pdf/frauenwahlrecht.pdf (April 2017). MUSTER
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