263 Neue Formen der Kinderarbeit Im elterlichen Haushalt und auf Bauernhöfen mussten Kinder seit jeher Arbeiten übernehmen. Fortschreitende Industrialisierung und Massenelend bewirkten im 19. Jh. eine starke Zunahme von außerhäuslicher Kinderarbeit. Durch den Einsatz von Maschinen konnte die Arbeit in einfache Vorgänge zerlegt werden, für die keine Muskelkraft mehr notwendig war – und wurde „kinderleicht“. Viele Arbeiterfamilien waren aufgrund der geringen Löhne auf die Mithilfe ihrer Kinder angewiesen. Die niedrige Bezahlung von Frauen und Kindern senkte jedoch das Gesamtlohnniveau noch stärker. Verhindert die Schulpflicht die Kinderarbeit? Der frühe Arbeitseinsatz, schlechte Arbeitsbedingungen und lange Arbeitszeiten schädigten Gesundheit und Entwicklung der Kinder. Die hohe Sterblichkeit unter den „Fabrikskindern“ zwang schließlich Staat und Unternehmer, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Durch Bestehen auf der Einhaltung der Schulpflicht konnte der Staat die Kinderarbeit eindämmen. Teilweise mussten Kinder allerdings zehn- bis zwölfstündige Fabriksarbeit leisten und zusätzlich eine Abend-, Sonntags- oder Feiertagsschule besuchen. Die Umsetzung des Reichsvolksschulgesetzes von 1869, das einen achtjährigen Pflichtschulbesuch vorsah, scheiterte oft an der fehlenden Schulaufsicht. 263.1 Lewis Hine, Mädchen in einer Baumwollspinnerei in Newberry, South Carolina (1908). Aufgaben 1 Schildern Sie die wichtigsten Stationen der Kindheit und Jugend Anna Altmanns. (HM) Linktipp: https://frauenmachengeschichte.at/anna-altmann- jugendgeschichte-einer-fabrikarbeiterin/ 2 Fassen Sie die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zu Bildung und Kinderarbeit zusammen. Lesen Sie dazu Artikel 28 und 29 sowie Artikel 31 und 32. (HM) Linktipp: www.kinderhabenrechte.at (Kinderrechte/ Service/Materialien) Anna Altmann, geboren 1852, über ihre Kinderzeit Die goldene Kinderzeit eilt mit Windesflügeln dahin. Auch ich musste diese Erfahrung machen, denn als ich fünfeinhalb Jahre zählte, da war es mit der guten Zeit vorbei. Von da an musste ich schon etwas mit verdienen […] Ich ging also in die Fabrik, wo ich anfangs dreißig Kreuzer in der Woche bekam. Als ich die Arbeit ordentlich erlernt hatte, bekam ich wöchentlich vierzig Kreuzer. Oft habe ich mehr Püffe bekommen, als der Lohn eines Tages in Kreuzern zerlegt ausmachte, denn die Herren Kattundrucker hatten damals das Privilegium, sie konnten schlagen, soviel sie wollten, Niemand hat sich drum gekümmert. Die Arbeitszeit dauerte im Sommer von sechs Uhr früh bis sieben Uhr abends mit einer Stunde Mittagspause. https://frauenmachengeschichte.at/anna-altmann-jugendgeschichte-einer-fabrikarbeiterin/ (März 2016). Die Gesellschaft im 19. Jahrhundert MUSTER
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