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257 Ausgangspunkt der Industrialisierung war England. Österreich und die Staaten des Deutschen Bundes nahmen erst verzögert, ab etwa 1830, an dieser Entwicklung teil. Nach dem Wiener Kongress war die Haltung des Staates gegenüber der industriellen Entwicklung gespalten. Ein wirtschaftlicher Aufstieg hätte dem Staat zwar zusätzliche – dringend benötigte – Steuergelder gebracht, aber auch das nach politischen Veränderungen strebende Bürgertum gestärkt. Aufbau eines Eisenbahnnetzes Die erste kommerziell betriebene Eisenbahn der Welt fuhr ab 1825 in Nordengland von Stockton nach Darlington und geht auf eine Initiative von George Stephenson zurück. Zwischen 1829 und 1835 gab es Eisenbahnen in den USA, Frankreich, Belgien und Deutschland. Österreich zog 1832 mit einer Pferdebahn von Linz nach Budweis nach. Der Wiener Professor Franz Xaver Riepl plante eine Bahn zwischen dem österreichischen Kernland und dem nordmährischen Industriegebiet, aber erst unter Kaiser Ferdinand I. wurde 1836 das Ansuchen für Bau und Betrieb einer Eisenbahnstrecke zwischen Wien und Krakau genehmigt und als „Kaiser-FerdinandNordbahn“ gebaut. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs standen in der österreichischen Hälfte der Habsburgermonarchie beinahe 23 000 km Eisenbahnschienen zur Verfügung. Die Wiener Neustädter Lokomotivfabrik Weil es für den Bau der Geleise, Lokomotiven und Waggons in Österreich keine größeren Betriebe gab, musste man die Lokomotiven in England kaufen. Auch für die Waggons mussten Achsen, Räder, Federn etc. aus England importiert werden. In der zweiten Hälfte des 19. Jhs. entwickelte sich jedoch die Wiener Neustädter Lokomotivfabrik zum größten Werk dieser Art in der Monarchie. Bis 1870 wurden dort 1000 Lokomotiven hergestellt. Die Material- und Fertigungsansprüche des relativ schnellen Ausbaus des österreichischen Eisenbahnsystems machten den EisenbahnBereich zum wichtigsten Zweig der Industrialisierung in Österreich. 1.2 Die Eisenbahn als Schrittmacher der Industrialisierung 257.1 Gare du Nord (Nordbahnhof), Paris, 1866. Die ersten großen Bahnhofsgebäude waren für die Zeitgenossen so beeindruckend, dass sie diese als „Kathedralen des Verkehrs“ oder „Dome des Industriezeitalters“ bezeichneten. Auch die Architektur des 19. Jhs. wurde von Eisen und Stahl geprägt. Einige dieser spektakulären Bauwerke sind bis heute erhalten und ziehen nach wie vor zahlreiche Reisende an. Bekannte Beispiele sind der Eiffelturm in Paris, das Riesenrad im Wiener Prater, das Palmenhaus in Schönbrunn (Wien) und die Tower Bridge (London). Industrialisierung MUSTER

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