243 Karoline Perin-Gradenstein entstammte einer wohlhabenden adeligen Familie. Sie war verheiratet und hatte drei Kinder. Nach dem Tod ihres Mannes wurde sie durch ihre Beziehung zu dem Musikkritiker Alfred J. Becher, einem Revolutionär der 1848er-Bewegung, dazu angeregt, sich politisch zu engagieren. Am 28.08.1848 organisierte sie die Gründungsversammlung des ersten Wiener demokratischen Frauenvereins. Nach der Niederschlagung der Revolution wurde Perin-Gradenstein für 23 Tage in Haft genommen, ihre Kinder und das Vermögen wurden ihr entzogen und ihr Lebensgefährte standrechtlich erschossen. Sie ging ins Exil nach München. Um wieder nach Wien zurückkehren zu dürfen, widerrief bzw. relativierte sie ihre politischen Aussagen. Sie starb 1888 völlig verarmt. Statuten des ersten Wiener demokratischen Frauenvereins 1848 (Auszug) § 1 Der Name des Vereines ist: Wiener demokratischer Frauenverein § 2 Die Aufgabe des Vereins ist eine dreifache: Eine politische, eine soziale und eine humane: a) eine politische, um sich durch Lektüre und belehrende Vorträge über das Wohl des Vaterlandes aufzuklären, das demokratische Prinzip in allen weiblichen Kreisen zu verbreiten, die Freiheitsliebe schon bei dem Beginne der Erziehung in der Kinderbrust anzufachen und zugleich das deutsche Element zu kräftigen; b) eine soziale, um die Gleichberechtigung der Frauen anzustreben durch Gründung öffentlicher Volksschulen und höherer Bildungsanstalten, den weiblichen Unterricht umzugestalten und die Lage der ärmeren Mädchen durch liebevolle Erhebung zu veredeln; c) eine humane, um den tiefgefühlten Dank der Frauen Wiens für die Segnungen der Freiheit durch sorgsame Verpflegung aller Opfer der Revolution auszusprechen. § 7 Mitglieder, sowohl wirkende als unterstützende, können bloß Frauen von gutem Rufe und freisinnigem Charakter sein. Sollte wider Verhoffen ein Mitglied beigetreten sein, welches diesen Anforderungen nicht entspricht, so kann es durch Stimmenmehrheit ausgeschlossen werden. § 10 Unter den Mitgliedern darf kein Standesunterschied gelten. Man sagt einfach Frau und Fräulein. Verheiratete Frauen haben vor den unverheirateten keinen Vorzug. Zit. nach: www.literature.at/default.alo (Erster Wiener demokratischer Frauenverein). Aufgaben 1 Listen Sie die Ziele auf, die Perin-Gradenstein mit der Gründung des ersten Wiener demokratischen Frauenvereins verfolgte. Fassen Sie auch das Anforderungsprofil an die Mitglieder zusammen. (HM) 2 „Freiheit – Gleichheit – Schwesterlichkeit“. Nehmen Sie Stellung: Wäre auch das ein mögliches Motto für die Revolutionen 1789 und 1848 gewesen? Argumentieren Sie Ihre Position. (PU) 243.1 Karoline Perin-Gradenstein (1808–1888). 3.5 Karoline Perin-Gradenstein: der Wiener demokratische Frauenverein Restauration und Revolution MUSTER
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