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230Ideen machen Politik: Aufklärung und Revolutionen Gesetze, Verfassungstexte, Menschenrechtskataloge und Verträge sind wichtige historische Quellen. In ihnen werden Rechte und Pflichten von Einzelnen oder von Gruppen formuliert sowie Maßnahmen genannt, die erfolgen, wenn gegen eine Norm verstoßen wird. Normative Texte enthalten Aussagen darüber, was sein soll. Zu Beginn der Französischen Revolution, am 26.08.1789, wurden die „Menschen- und Bürgerrechte“ verkündet und damit neue Normen im Verhältnis der Menschen untereinander aufgestellt. Sie sind heute noch gültiges Verfassungsrecht der Französischen Republik ( S. 229). „Trockene, schwierige Texte“? Von Fachleuten, meist Juristinnen und Juristen, für Fachleute verfasst, sind normative Texte für fachfremde Personen häufig schwer zu verstehen. Dennoch sind diese Texte für uns alle wichtig, da die darin festgelegten Gesetze, Vereinbarungen usw. unseren Alltag mitbestimmen. Während der Regierungskrise 2019 sprach z. B. Bundespräsident Alexander van der Bellen von der „Schönheit und Eleganz“ der österreichischen Bundesverfassung und verwies damit auf die große Sicherheit und Klarheit, die sie in politisch schwierigen Zeiten vermittelt. Auch für Historikerinnen und Historiker haben normative Texte große Bedeutung. Die Amerikanische und die Französische Revolution etwa sind ohne Kenntnis der Unabhängigkeitserklärung und die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte nicht verständlich. Menschenrechtserklärungen im 18. Jh. Heute sind Menschen- und Grundrechte wesentlicher Bestandteil aller demokratischen Verfassungen. Im 18. Jh. jedoch waren sie revolutionäres Neuland. In bewusster Abgrenzung von den damals herrschenden Zuständen und beflügelt von den Ideen der Aufklärung ( S. 224 ff.) verkündeten Revolutionärinnen und Revolutionäre in den USA und in Frankreich ihre Grundüberzeugungen und ihr Menschenbild. Allgemeine Menschenrechte wurden erstmals 1776 in den „Bill of Rights“, den Verfassungen der amerikanischen Staaten, verkündet ( S. 132). Da es sich um politische Grundsatzprogramme handelte, entstanden sie vor den Verfassungen der USA und Frankreichs und wurden später den Verfassungstexten vorangestellt. An diese Normen sollten sich die Verfassungsgeber und alle Bürger und Bürgerinnen der USA und Frankreichs in der Zukunft halten. In Österreich konnte ein Grundrechtskatalog erst relativ spät, im Jahre 1867, durchgesetzt werden. Weiterentwicklung der Menschenrechte nach 1945 Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es vor dem Hintergrund der Gräueltaten des Nationalsozialismus zu einer Internationalisierung des Menschenrechtsschutzes. 1948 wurde von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (UN-Menschenrechtscharta) verkündet. Die „Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ (EMRK) stammt aus dem Jahr 1950. Die dort festgelegten Rechte können beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eingeklagt werden, was eine international einzigartige Kontrolle bedeutet. In Österreich ist die Konvention Bestandteil der Verfassung. Arbeiten mit normativen Texten 230.1 Eleanor Roosevelt (1884–1962). Die Witwe des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt war die Vorsitzende der nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründeten UN-Menschenrechtskommission. Dank ihres Einsatzes konnte 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet werden. Normative Texte als historische Quellen Kompetenzen erwerben MUSTER

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