212 Ordnung und Zugriff: der moderne Staat Adam Smith (1723–1790) studierte in Glasgow und Oxford Philosophie. Bald nach Abschluss des Studiums erhielt er eine Professur für Logik. Ab 1763 begleitete er als Hauslehrer einen jungen Mann aus reichem Haus zwei Jahre lang auf einer Bildungsreise durch Frankreich und die Schweiz. Während dieser Zeit lernte er die berühmten Aufklärer Voltaire und Hume sowie die führenden Männer der physiokratischen Schule der Ökonomie, allen voran François Quesnay, kennen. Freiheit in Wirtschaftsfragen 1776 veröffentlichte Smith sein Hauptwerk „Vom Wohlstand der Nationen“. Die neue soziale Klasse, das aufstrebende Bürgertum in den Städten, wollte sich nicht durch die wirtschaftlichen Vorgaben des alten feudalen Systems einschränken lassen ( Kapitel 4). Adam Smith unterstützte mit seiner Theorie dieses Bestreben. Sein ökonomischer Liberalismus zielte darauf ab, die gewerbliche Produktion und den Handel von allen Eingriffen des Staates zu befreien. Zeitgleich mit der Amerikanischen Revolution und 13 Jahre vor der Französischen Revolution forderte Smith Freiheit auch in Wirtschaftsfragen. Eine „Neigung zum Tausch und Handel“ In „Wohlstand der Nationen“ geht Smith von zwei Voraussetzungen aus: Zum einen seien alle Menschen bestrebt, ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Ein Verlangen, das uns vom Mutterschoß an begleitet und bis zum Grab nicht mehr verlässt. Zum anderen zeige der Mensch eine ursprüngliche Neigung zum Tausch und Handel. Das Streben nach Wohlstand sei der Schlüssel zu einem guten Leben, denn es wecke den Fleiß im Menschen und halte ihn in Bewegung. Arbeitsteilung und Freihandel Nationaler Wohlstand ist nach Smith ein Produkt des Fleißes und der Geschicklichkeit der Arbeiterinnen und Arbeiter. Durch gezielte Arbeitsteilung, d. h. durch immer größere Spezialisierung der Arbeitenden, kann die Produktivität gesteigert, der Reichtum vergrößert werden. Um die Märkte wachsen zu lassen, müsse man Handelshemmnisse abbauen. Der Staat solle nicht in die Wirtschaft eingreifen, da der Markt sich selbst am besten reguliere. Wenn alle ihre ökonomischen Interessen verfolgen könnten, würden sie indirekt auch das Gesamtwohl der Volkswirtschaft fördern. 4.4 Liberalismus: Adam Smith – „Der freie Markt kann alles regeln“ (18. Jh.) 212.1 Adam Smith (1723–1790). TREND- Magazin für Soziale Marktwirtschaft, Nr. 94, 2003 Autor: Dr. Peter Gillies Adam Smith ganz aktuell Ein fiktives Interview mit Adam Smith TREND: Herr Professor Smith, wie kommen Menschen und Völker zu Wohlstand? Adam Smith: Die Arbeit, die ein Volk alljährlich leistet, schafft die Mittel, um es mit all den lebensnotwendigen Gütern und Annehmlichkeiten zu versorgen, die es alljährlich konsumiert und die stets entweder im unmittelbaren Ertrag dieser Arbeit oder in dem bestehen, was für deren Ertrag von anderen Völkern gekauft wird. Wie entsteht aber aus emsiger Arbeit Reichtum? Es ist die Arbeitsteilung, die den Reichtum eines Landes vermehrt. Es wäre deshalb ein Glück, wenn alle nationalen Vorurteile ausgerottet wären und ein freier und ungestörter Handel sich einstellen würde. Der Fleiß eines Volkes steht immer in Beziehung zum Ausmaß der Arbeitsteilung. So ist die Arbeitsteilung die Hauptursache des Zuwachses an allgemeinem Wohlstand, welcher im Verhältnis zum Fleiß des Volkes steht und nicht zur Menge von Gold und Silber, wie törichterweise angenommen wird. Alle Zitate Smiths sind den beiden Hauptwerken „Vom Wohlstand der Nationen“ (1776) und „Theorie der ethischen Gefühle“ (1759) entnommen. MUSTER
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