Tanzvergnügen im Jahr 1634 Simplicius Simplicissimus, der Held des 1668/1669 erschienenen Romans „Der abenteuerliche Simplicissimus“ von H. J. Ch. von Grimmelshausen, schildert ein Tanzvergnügen des Jahres 1634. Er sah im Saal Männer, Weiber und ledige Personen so schnell untereinander herumhaspeln, dass es wimmelte; diese vollführten ein solches Getrippel und Gepöhl [Geschrei], dass ich meinte, sie wären Alle rasend geworden; ich konnte es nicht ersinnen, was sie mit diesem Wüthen und Toben vorhaben möchten? Ja ihr Anblick kam mir so grausam, fürchterlich und schrecklich vor, dass mir alle Haare zu Berge standen, und konnte nichts anderes glauben, als dass Alle ihrer Vernunft beraubt sein müssten. Am Schweiß, der ihnen über die Gesichter floss, und an ihrem Geschnäuff konnte ich abnehmen, dass sie sich stark zerarbeitet hatten; aber ihre fröhlichen Angesichter gaben zu verstehen, dass ihnen solche Bemühungen nicht sauer ankommen. Grimmelshausen, Simplicissimus. Zit. nach: Dülmen, Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit, S. 129. Ludwig XIV. beeinflusste die höfische Kultur Europas maßgebend. Sein Lebensstil wurde zum Vorbild für den Adel, der Tanzunterricht zu einem wesentlichen Bestandteil der adeligen Erziehung. In der Folge grenzte sich die Kultur der Herrschenden an den Höfen immer stärker von der Kultur der „unteren“ Bevölkerungsschichten ab. Obrigkeit und Kirche versuchten mittels Luxusverboten und Genehmigungspflicht, die Festvergnügen der Untertanen zu kontrollieren und zu disziplinieren. Aufgaben 1 Suchen Sie in Bruegels „Bauerntanz“ folgende Details: küssendes Paar, Dudelsackbläser, geohrfeigte Person, Springtanz-Paare, zum Tanz eilendes Paar, Dorfkirche, Marienbild. Begründen Sie, warum das Bild manchmal als moralisierende Anklage gegen die Vergnügungen der Dorfbewohner gedeutet wird. (HM) 2 Fassen Sie auf der Basis der Quellen und Informationen auf dieser Doppelseite die Unterschiede zwischen höfischem Tanz und Tanz am Dorf zusammen. (HM) 3 Der Begriff „Sozialdisziplinierung“ bezeichnet die zunehmende Regelung des Lebens der Untertanen durch staatliche Verordnungen in der Frühen Neuzeit. Belegen Sie diese wachsende Sozialdisziplinierung am Beispiel der Festkultur. (HS) 2.3 Im Schatten des Sonnenkönigs – Festkultur der „kleinen Leute“ 197.1 Pieter Bruegel der Ältere, Bauerntanz, Öl auf Holz (um 1568). Dass sich ein jeder alles Herumschwingens und Verdrehens enthalte … Vorschrift des Rates von Nürnberg (Ende 16. Jh.) Dass sich hinfüro ein Jeder, wes Standes er sei, bei allen Tänzen in und um Nürnberg, alles unzüchtigen Tanzens, dazu alles Herumschwingens und Verdrehens, desgleichen allein in Hosen und Wammes, ohne einich darüber angethan Kleider zu tanzen, sich gänzlich enthalten soll. Wer jedoch tanzen will, der soll dasselbe ohn alles Verdrehen und Herumschwingen in züchtiger und bescheidener Weise thun. Zit. nach: Voß, Der Tanz und seine Geschichte, S. 174. 197 Die Entstehung des Staates MUSTER
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