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181 Ein fraw, haist die Kleuberin zw Hettingen, sol ieren aygen son getet haben darump, das er ain weip nam wider iren willen, daz sy selber gesagt hat, wan sy 3 suntag vastet, so möchte er nit das iar über leben, das auch gescha. Sy hat auch einen armen man verzaubert, das er an einem foss gross leiden hat. (Zit. nach: Weiss, Die Österreicherin, S. 394) Insgesamt wurden rund 40 Frauen und Mädchen aus Innsbruck sowie zehn aus der näheren Umgebung denunziert. Auch zwei Männer, ein Hellseher und ein Schulmeister, wurden der Zauberei verdächtigt. Den Beschuldigten wurde vorgeworfen, sie hätten Krankheiten und Todesfälle herbeigeführt, Liebeszauber, Milch- oder Wetterzauber praktiziert oder jemanden in Zauberkünsten unterwiesen. Verteidigung und Freispruch Kramer ließ sieben Frauen festnehmen. Johann Merwais, ein Theologe und Doktor der Medizin, übernahm ihre Verteidigung und erwirkte den Freispruch der Frauen. Nachdem die Beschuldigten noch Bürgen in der Innsbrucker Bevölkerung gefunden hatten, wurden sie freigelassen. Der Brixener Bischof, der der Ansicht war, Kramer leide an Hirngespinsten, forderte den Inquisitor auf, in sein Kloster zurückzukehren. Kramer folgte dieser Aufforderung allerdings nicht, sondern verfasste sein groß angelegtes Hexenwerk, den „Hexenhammer“. Ursachen und Hintergründe Ausschlaggebend für die Denunziationen war meistens die dumpf-irrationale Stimmung in der Bevölkerung, dennoch mussten die politisch Verantwortlichen diesen Anzeigen nachgehen. Für die Anwendung von Gewalt waren meist weltliche oder geistliche Fürsten verantwortlich, da sie die Anklage vor einem weltlichen Gericht erhoben. Die Opfer der Hexenverfolgung: Fakten und Mythen Aufgrund der Quellenlage – für viele Regionen sind die Prozessakten unvollständig oder nicht überliefert, für andere sind sie noch nicht ausgewertet – erweist es sich als schwierig, zuverlässige Angaben zur Zahl der Verfolgungsopfer zu machen. Man ist sich heute jedoch weitgehend über die Notwendigkeit einig, die Zahlen der älteren Hexenforschung, die von mehreren Millionen Ermordeten ausgegangen war, stark nach unten zu korrigieren: Neuere Schätzungen gehen für Europa von 70 000 bis 100 000, andere von 40 000 bis 50 000 Opfern aus. In Mitteleuropa wurden zwar mehr Frauen als Männer ermordet, doch nicht, wie oft behauptet, nur „weise Frauen“, Hebammen und Kräuterkundige, sondern Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Es gab jedoch auch Gebiete, in denen wesentlich mehr Männer als Frauen hingerichtet wurden, etwa in Estland, Finnland und Island. Nicht nur „Sauberer und Hexen“ wurden während der Umbruchszeit zu beginn der Neuzeit verfolgt, es kam auch zur Vertreibung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung. (z. B 1421 Wien, 1492 Spanien). Hexenverfolgung 1485 | Hexenprozess in Innsbruck, Freispruch aller Angeklagten 1486 | Kramer veröffentlicht den „Hexenhammer“. 1532 | Constitutio Criminalis Carolina, „Peinliche Halsgerichtsordnung“ von Karl V., erstes deutsches Strafgesetzbuch 1626–1630 | Höhepunkt der Hinrichtungen im Heiligen Römischen Reich 1782 | In der Schweiz findet die letzte Hinrichtung unter dem Vorwand der Hexerei statt. Anna Göldin wird enthauptet. Aufgaben 1 Vergleichen Sie nach der Lektüre des Lehrbuchtextes die Rolle der geistlichen Würdenträger mit jener der „einfachen Leute“ bei der Hexenverfolgung und zeigen Sie anschließend auf, warum es bei den Hexenprozessen in Innsbruck zu Freisprüchen kam. (HM) 2 Ermitteln Sie mithilfe des Lexikons die Bedeutung der Begriffe Hexenhammer, Ritualmord, Denunziation und Carolina. (HS) 3 Diskutieren Sie in Kleingruppen über folgende Fragen: (PU) • Diskutieren Sie, ob in unserer Gesellschaft Menschen ausgegrenzt werden und es „Sündenböcke“ gibt, und beurteilen Sie anschließend mögliche Gründe dafür. • Nehmen Sie Stellung zur Aussage, dass „Mobbing“ und „Cybermobbing“ moderne Formen der Ausgrenzung sind. Veränderungen in der frühen Neuzeit MUSTER

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