176 1500 – Aufbrüche, Hoffnungen, Ängste Die Frage, ob die Frauen Menschen seien, bewegte die Gemüter nicht erst seit der Veröffentlichung der in der Überschrift zitierten Streitschrift. Schon um 1400 hatte die französische Gelehrte und Schriftstellerin Christine de Pizan in ihrem „Buch von der Stadt der Frauen“ betont, dass Frauen ebenso zu den menschlichen Wesen gehören wie die Männer [und keineswegs] zu einem verschiedenartigen Stamme. Ursprünge des abendländischen Frauenbildes Spätestens in der Antike und im frühen Christentum entwickelte Grundmuster prägten fast 2 000 Jahre lang die Geschlechterverhältnisse im christlichen Abendland. Sie sollen nicht reden, sondern sich unterordnen Der Apostel Paulus äußert sich in einem der Briefe an die Korinther darüber, wie Frauen sich in der Öffentlichkeit verhalten sollten: Die Kirchenväter (spätantike Gelehrte der christlichen Kirche) sahen Eva als Verantwortliche für den Sündenfall und identifizierten Frauen mit Sexualität und Sünde. Für Tertullian, einen Schriftsteller des 3. Jhs., waren die Frauen das „Einfallstor des Teufels“, Augustinus, ein Kirchenlehrer und Philosoph des 5. Jhs., betrachtete die außer- wie innereheliche Sexualität als Sünde. Auch acht Jahrhunderte später hielt die Kirche am Bild der Frau als „Mängelwesen“ fest. Thomas von Aquin (1225 –1274) etwa sah in der Frau einen verfehlten oder unvollkommenen Mann. 2.5 Frauen zwischen Akzeptanz und Verfolgung 176.1 Jan van Eyck, Die Hochzeit Arnolfini (1434), National Gallery London. Die Arnolfinis waren eine reiche Kaufmanns- und Bankiersfamilie aus Italien, die sich in Brügge niedergelassen hatte. Van Eycks Bild zeigt eine uns fremde Welt, die nicht auf den ersten Blick zu entschlüsseln ist. So soll der gewölbte Bauch vermutlich nur auf die Fruchtbarkeit der Braut hinweisen, eine hochschwangere Braut wäre im Spätmittelalter nicht möglich gewesen. Aufgaben 1 Benennen Sie Bildelemente, die Ihnen rätselhaft erscheinen, und stellen Sie anschließend Vermutungen über die dargestellte Szene an. Als Hilfe kann Ihnen dienen, die Handhaltung des Mannes, die Kleidung des Paares und den Ort der Hochzeitszeremonie zu beschreiben. Ermitteln Sie Elemente, die auf den Reichtum des Paares schließen lassen. (HM) 2 Das Gemälde stellt keine Ehe unter gleichwertigen Partnern dar. Ermitteln Sie Hinweise im Bild, die diese Aussage bestätigen können. Legen Sie dar, wer aus Ihrer Sicht der Auftraggeber des Bildes gewesen sein könnte. Informieren Sie sich anschließend auf https:// the-artinspector.de/galerie/vaneyck-die-arnolfinihochzeit (22. 11. 2021) über die Hintergründe des Bildes. (HM) 3 Vergleichen Sie dieses Hochzeitsbild mit einem Ihnen bekannten Hochzeitsbild der Gegenwart und arbeiten Sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten heraus. Zählen Sie Symbole auf heutigen Hochzeitsbildern auf. Diskutieren Sie über Schwangerschaft und Hochzeit bei heutigen Eheschließungen. (HO) Brief des Apostels Paulus an die christliche Gemeinde in Korinth (um 55 n. Chr.) Wie es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist, sollen die Frauen in der Versammlung schweigen; es ist ihnen nicht gestattet zu reden. Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz es fordert. Wenn sie etwas wissen wollen, dann sollen sie zu Hause ihre Männer fragen; denn es gehört sich nicht für eine Frau, vor der Gemeinde zu reden. 1 Kor 14,33b–35. MUSTER
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