171 In Deutschland gab es um 1500 im kirchlich-religiösen Bereich Kritik an der römischen Kirche, obwohl das kirchlich-religiöse Leben mit Wallfahrten, Marienfrömmigkeit, Reliquien- und Heiligenverehrung blühte. Die Päpste der zweiten Hälfte des 15. Jh. waren vor allem an der Festigung ihrer weltlichen Macht interessiert. Sie begannen, hohe Ämter an Mitglieder ihrer eigenen Familie zu vergeben (Nepotismus). Religiöse Ämter wie z. B. das Bischofs- oder Kardinalsamt wurden verkauft (Simonie). Vor diesem Hintergrund ist die Geschichte Martin Luthers (1483 – 1546) und der Reformation im Reich zu sehen. Luther studierte Philosophie und später Rechtswissenschaften in Erfurt. 1505 trat er in das Kloster der Augustiner-Eremiten ein und begann sein Theologiestudium in Wittenberg (im Osten von Sachsen-Anhalt), das er 1512 mit dem Doktorgrad beendete. Luthers Reformideen In Wittenberg erlebte der junge Doktor der Theologie ein Beispiel für den römischen Fiskalismus (auf Geldbeschaffung ausgerichtete Finanzpolitik). 1515 erneuerte Papst Leo X. den Petersablass, d.h., den Gläubigen wurde als Gegenleistung für Spenden für den Neubau des Petersdoms in Rom ein Nachlass der Sündenstrafen angeboten. Dies provozierte Luther zu öffentlicher Kritik. 1517 schickte er dem Bischof von Brandenburg und anderen Bischöfen ein Mahnschreiben und legte seine 95 Thesen bei. Die Erfindung des Buchdrucks ermöglichte es, Luthers Kritik innerhalb von kürzester Zeit im ganzen Reich zu verbreiten und bekannt zu machen. Seine reformatorische Lehre beschränkte sich jedoch nicht auf die 95 Thesen. In einer Reihe von Schriften präzisierte und erläuterte Luther seine Vorstellungen. Eine seiner zentralen Aussagen lautet, dass es sich bei der in der Bibel erwähnten Gerechtigkeit Gottes nicht um fordernde und strafende Gerechtigkeit handle, sondern um eine Gerechtigkeit, die Gott denen, die an ihn glauben, schenkt. Schritte zur Kirchenspaltung Schon 1518 leitete die Kurie in Rom eine Voruntersuchung gegen Luther ein. Er wurde mehrmals verhört und 1520 mit dem Kirchenbann bedroht. Als er seine Thesen auch auf dem seinetwegen vom Kaiser einberufenen Reichstag zu Worms (1521) nicht widerrief, wurde die Reichsacht über ihn verhängt. Die protestantischen Reichsfürsten hatten sich nicht nur aus religiösen Überlegungen für die Lehren Luthers entschieden. Sie erhofften sich auch mehr Unabhängigkeit gegenüber dem Kaiser und dem Papst und damit mehr eigene Macht. Luthers Landesherr, der Kurfürst von Sachsen, ließ ihn auf die Wartburg bei Eisenach in Sicherheit bringen. Während seines fast einjährigen Aufenthaltes auf der Burg übersetzte er das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche. Mit dieser Bibelübersetzung schaffte Luther sein literarisches und theologisches Hauptwerk. Die Sprache der Lutherbibel beeinflusste die Entwicklung der deutschen Schriftsprache nachhaltig. In der Zeit auf der Wartburg erkannte Luther, dass sein Auftreten unter seinen Anhängern und Anhängerinnen eine völlige Abkehr von der Kirche in Rom und eine auf seinen Ideen beruhende Neuorientierung bewirkt hatte. Die Jahre bis zu seinem Tod 1546 verbrachte er mit dem Verfassen von Schriften, in denen er seine Ansichten präzisierte und auf Entwicklungen wie den von der Reformation inspirierten deutschen Bauernkrieg von 1525 reagierte. 1530 wurde die Lehre Luthers von den lutherischen Reichsständen am Reichstag zu Augsburg Kaiser Karl V. dargelegt (Augsburger Bekenntnis = A.B.). 2.3 Martin Luther und die Ausbreitung der Reformation Römische Kirche – Katholizismus Lehre Luthers – Protestantismus 7 Sakramente: Taufe, Kommunion, Firmung, Buße, 2 Sakramente: Taufe und Abendmahl (mit Brot und Wein) Krankensalbung, Priesterweihe, Ehe – nur jene, die in der Bibel vorkommen (sola scriptura) Papst ist das Oberhaupt der Kirche. Landesbischöfe verwalten die evangelische Kirche in ihrem Bereich. Glaube und gute Werke erlösen den Menschen durch Nur der Glaube allein (sola fide) führt zur Erlösung durch die Gnade Gottes. die Gnade Gottes (sola gratia). Marienverehrung, Wallfahrten, Heiligenverehrung und Marienverehrung, Wallfahrten, Heiligenverehrung und Ablässe helfen den Menschen, ins Paradies zu gelangen. Ablässe werden abgelehnt (solus Christus) Bibel und Predigt auf Latein Bibel und Predigt auf Deutsch 171.1 Martin Luther und seine Frau Katharina Bora, Doppelporträt von Lucas Cranach dem Älteren, etwa 1529. Museo Poldi Pezzoli, Mailand. Veränderungen in der frühen Neuzeit MUSTER
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