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160 1500 – Aufbrüche, Hoffnungen, Ängste 1492 in der „westlichen Erinnerung“ Eine Meinungsumfrage, die 2005 von der Universität Michigan unter US-Amerikanerinnen und US-Amerikanern durchgeführt wurde, zeigt, dass Kolumbus im „kollektiven Gedächtnis“, d. h. in der allgemeinen Erinnerung der USA, als Entdecker Amerikas, also als positive Figur, fortlebt. Das 500-Jahr-Jubiläum – zwischen Feier und Widerstand 1992 wurde in Europa als „großes Gedenkjahr“ der „Entdeckung Amerikas“ gefeiert. Die Ausschnitte aus den Reden des kubanischen Staatspräsidenten Fidel Castro und des spanischen Königs Juan Carlos I. zeigen jedoch, dass man sich auf unterschiedliche Art an das historische Ereignis erinnert. Aufgaben 1 Interpretieren Sie die Statistik: Was sagen die Daten über das Geschichtsbewusstsein von US-Amerikanerinnen und US-Amerikanern aus? 2 „Die Trägheit des kollektiven Gedächtnisses hat trotz aller Kritik das Ansehen von Columbus bewahrt.“ (Howard Schuman) Nehmen Sie Stellung zu dieser Aussage. Beziehen Sie dabei die Aussagen von Fidel Castro und/oder Juan Carlos I. ein. (PU, HO) 3 Die Sprache ist verräterisch. Begriffe wie „Entdeckung Amerikas“ oder „Neue Welt“ beruhen auf einer eurozentrischen (ausschließlich am europäischen Standpunkt orientierten) Sichtweise. Begründen Sie diese Behauptung. (PU, HO) 4 Erklären Sie, in welcher Weise in den beiden Reden das Jahr 1492 unterschiedlich gedeutet und instrumentalisiert wird. (HO) Fidel Castro, kommunistischer Staatschef Kubas 1959 – 2008 Wir werden nie akzeptieren können, dass man mit implizierter Missachtung von der „Entdeckung“ von Kulturen spricht, die in vielen Fällen schon eine glänzende Entwicklungsstufe erreicht hatten. Manche sprechen, um dieses Problem zu umgehen, von der „Begegnung“ zweier Kulturen. Aber auch dieser Begriff scheint mir nicht angebracht, denn in Wirklichkeit handelt es sich darum, dass sich eine Kultur der anderen aufgezwängt hat, um die Zerschlagung einiger Völker durch andere Völker, um das gewaltsame Eindringen Europas in Amerika. […] Das Gedenken an den 500. Jahrestag kann in dem Maße nützlich sein, wie es dazu dient, mit allen lateinamerikanischen Ländern die gemeinsamen Werte unserer Kultur, unserer Geschichte, unserer Ethik, unserer Traditionen, unserer Sitten hervorzuheben. Denn alles, was dazu beitragen kann, diese gemeinsamen Werte aufzuzeigen, wird zu einem Schild, der uns vor denen schützt, die uns bedrohen. Neues Deutschland, 13. 07. 1992, S. 7, www.quetzal-leipzig.de/printausgaben/ausgabe-01-1492-bis1992-eine-bestandsaufnahme/fidel-castro-19093.html (April 2017) © Quetzal, Leipzig. Übers. Dascha. Juan Carlos I., König von Spanien 1975–2014 Christoph Columbus war die Hauptfigur eines der zweifellos größten Ereignisse in der Geschichte der Menschheit: des Aufeinandertreffens zweier Welten […]. Die Existenz des neuen Kontinents stellte eine Bereicherung für beide Seiten dar, was schließlich auch eine gegenseitige Durchdringung mit sich brachte. Sind Europa und Amerika auch in einem riesigen Tiegel miteinander verschmolzen, so hat uns doch Amerika sehr stark beeinflusst und dies möchte ich heute besonders unterstreichen. […] Ich bin sicher, dass der lang erwartete morgige Tag die Bestätigung einer sehr viel fruchtbareren Beziehung als die vergangener Jahre sein wird, der Höhepunkt unserer gemeinsamen Unterfangen, einer wirklichen Gemeinschaft unserer Völker. Denn unsere Völker sind es, die den Regierenden spontan die Regeln für eine wahrhaftige Verbrüderung, eine wahre Freundschaft diktieren. ABC, Madrid, 12. 10. 1992. www.quetzal-leipzig.de/printausgaben/ausgabe-01-1492-bis1992-eine-bestandsaufnahme/fidel-castro-19093.html (April 2017) © Quetzal, Leipzig. Übers. Dascha. Schuman, Christopher Columbus, Public Opinion Quarterly 2005. 85 % Columbus discovered America. 6 % Columbus is a hero. 2 % Columbus could not have discovered America because Native Americans were already here. 4 % Columbus is a villain (Schurke) who brought slavery, disease and death to indigenous peoples. 3 % No answer MUSTER

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