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157 Das Ausgreifen der Iberischen Mächte Spanien und Portugal nach Amerika, Asien und Afrika wurde vor allem durch zwei Faktoren ermöglicht: durch die politischen Veränderungen, welche die Reconquista bewirkte, und aufgrund der jahrhundertelangen Seefahrertradition, die auf den Mittelmeerhandel zurückging. Im Zuge der Rückgewinnung der Iberischen Halbinsel konnten die Spanier die Taktik der Landerkundung und Besitznahme erproben, die sie später in Amerika anwendeten. Die Mittelmeererfahrung brachte eine Weiterentwicklung von Seekarten und Kenntnissen in der Astronomie sowie technische Erfindungen (z. B. Kompass, Lot, Log) und einen neuen Schiffstypus, die Karavelle (zwei- bis viermastiges Segelschiff, ca. 25 m lang), mit geringem Tiefgang, hohem Heck und zumeist Lateinertakelung. Das koloniale Interesse Hinter dem Interesse Spaniens und Portugals an einer Ausdehnung der Macht standen unterschiedliche Motive: Adel und Königtum erhofften sich einen Zuwachs an Einnahmen, Macht und Prestige. Die Kirche war interessiert an der Verbreitung des Katholizismus. Angehörigen des niederen Adels bot sich ein Betätigungsfeld, das gesellschaftlichen Aufstieg und Reichtum versprach. Hoffnung auf Religionsfreiheit sowie Neugier, Abenteuerlust und Forscherdrang waren weitere Motive, in außereuropäische Länder aufzubrechen. Um die „Neue Welt“ zu erobern, setzte die spanische Krone Konquistadoren (Eroberer) ein, in der Regel Soldaten, die dem niederen Adel angehörten. 1.1 Die „Global Player“ des 16. Jahrhunderts: Spanien und Portugal Nordamerika Südamerika Afrika Asien Australien Europa Indischer Ozean Ozean Ozean Pazifischer Atlantischer Acapulco Guatemala Panamá Lima Arica Bahia Callao Veracruz Tenochtitlán Elmina Lissabon Kanarische Inseln Azoren Sevilla Mosambik Luanda Goa Macao Manila Malakka Kalikut ungefährer Verlauf der im Vertrag von Tordesillas festgelegten Demarkationslinie von Panamá nach Callao und Arica, Rückfahrt mit Silber von Manila nach Acapulco mit Seide von Acapulco nach Manila mit Seide von Acapulco nach Callao mit Seide von Lissabon nach Goa (möglicher Seeweg in der zweiten Jahreshälfte) von Bahia nach Luanda mit Tabak von Luanda nach Bahia mit Sklaven von Elmina nach Bahia mit Sklaven von Elmina nach Westindien mit Sklaven von Havanna nach Sevilla über die Azoren von Sevilla nach Veracruz über die Kanarischen Inseln von Sevilla nach Nombre de Dios über die Kanarischen Inseln von Manila mit Seide nach Manila mit Silber Spanischer Besitz Portugiesischer Besitz Spanische Handelswege Portugiesische Handelswege Spanische Städte Portugiesische Städte 0 1000 2000 km 157.1 Die vernetzte Welt um 1600; Aufteilung in spanischen und portugiesischen Besitz entsprechend dem Vertrag von Tordesillas. … auf dass Ihr nach Eurem Willen und Gutdünken ungehindert über sie verfügt (05.06.1500) Vertrag zwischen der spanischen Krone und dem Konquistador Rodrigo de Bastidas (Auszug) Wir erlauben Euch, besagtem Rodrigo Bastidas, mit zwei eigenen Schiffen auf Eure Kosten und Gefahr über das besagte Ozeanische Meer zur Entdeckung von Inseln und Festland in die Gegenden Indiens zu fahren. […] Von allem Gold und Silber, Kupfer und Blei, Zinn und Quecksilber und jeglichem anderen Metall, sowie von allen Perlen, Edelsteinen und Juwelen, von allen Sklaven, schwarzen und dunkelhäutigen Menschen, soweit sie in diesen Unseren Königreichen als Sklaven gehalten und betrachtet werden, und von allen Monstern und Schlangen und jeglichen anderen Tieren, Fischen und Vögeln, von allen Gewürzen und Arzneien und jeglichen anderen Dingen, gleich welchen Namens und Wertes und welcher Güte, erhalten Wir nach Abzug der Ausgaben für Ausrüstung, Fracht und sonstige Kosten, die auf besagter Reise entstehen, den vierten Teil des verbleibenden Restes; die anderen drei Viertel seien für Euch, Rodrigo de Bastidas, auf dass Ihr nach Eurem Willen und Gutdünken ungehindert über sie verfügt als über Eure eigene, freie Sache. Zit. nach: Meyn u. a. (Hg.), Aufbau der Kolonialreiche, S. 29. Entdeckungsfahrten und Eroberungen MUSTER

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