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138 Demokratie und Recht Eine kleine Ehegeschichte nach Plutarch Im Jahre 56 v. Chr. empfing der jüngere Cato seinen Freund Hortensius, der ihn um die Hand seiner Tochter Porcia bat; Porcia war zu diesem Zeitpunkt mit Bibulus verheiratet, dem Vater ihrer zwei Kinder. Cato zögerte. Er konnte sich nicht dazu entschließen, die Scheidung seiner Tochter zu veranlassen, obwohl Hortensius anbot, Porcia wieder zu Bibulus zurückzuschicken, nachdem sie ihm Kinder geboren hätte. Aber Hortensius, der bereits Großvater war, hatte sich die verwandtschaftliche Beziehung zu Cato in den Kopf gesetzt und forderte vom Freund dessen eigene [zweite] Frau Marcia, mit der Cato drei Kinder hatte. Cato gab seine schwangere Frau an Hortensius weiter, stellte jedoch die Zustimmung von Marcias Vater als Bedingung. Der hatte nichts dagegen, solange Cato der Zeremonie beiwohnte. Als Hortensius 50 v. Chr. starb, heiratete Cato die reiche Witwe Marcia erneut. Zit. nach: Thomas Späth, Beate Wagner-Hasel (Hrsg.): Frauenwelten in der Antike. Stuttgart: J.B. Metzler 2006, S. 32. 138.1 Die „Aldobrandinische Hochzeit“ (Ausschnitt) ist ein römisches Fresko aus der Zeit des Augustus. Vermutlich handelt es sich um die Kopie eines verlorenen griechischen Originals. Es wurde 1606 (nach anderen Quellen 1605) in der Nähe der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom in den ehemaligen Gärten des Maecenas gefunden und befindet sich seit 1818 in der Vatikanischen Bibliothek, die heute ein Teil der Vatikanischen Museen ist. Die Braut sitzt verschleiert auf dem Brautlager, neben ihr die Göttin der Überredung (Peitho) als Brautmutter. Rechts wartet der Bräutigam. Aufgaben 1 Arbeiten Sie heraus, wer entscheidet, wer gefragt und wer nicht gefragt wird ( T2). (HM) 2 Arbeiten Sie heraus, welche Rolle das Vermögen im römischen Eherecht spielt und wie Eheschließungen rechtlich geregelt werden. (HM) 3 Erklären Sie, welche Aspekte der heutigen Ehe in römischen Ehen völlig fehlen. (HO) Ehe und Scheidung in der römischen Oberschicht (1. Jh. v. Chr.) 4 Interpretieren Sie die Haltung der Braut auf dem Fresko und setzen Sie sie in Beziehung zur Textquelle. (HO) 5 Setzen Sie das Bild zu den Informationen aus Plutarchs Ehegeschichte in Beziehung und diskutieren Sie die Entscheidungsmöglichkeiten von Frauen in Bezug auf ihre Ehe ( Abb. 138.1, T2). (HM) 6 Vergleichen Sie die unterschiedlichen Rechte der Frauen in Griechenland und in Rom oder im Mittelalter. Arbeiten Sie dabei auch mit den Infokasten am Ende der Seite. (HM) Nur römische Bürger konnten eine legitime Ehe eingehen. Geburt, Vermögen und Status waren die leitenden Kriterien bei der Partnerwahl. Heirat, Scheidung und Wiederverheiratung bedurften keiner besonderen Zeremonien. Entscheidend für die Gültigkeit der Ehe war die Erklärung des gemeinsamen Willens der Brautleute, dessen formaler Ausdruck der Handschlag war. Eheverträge, die die Mitgift regelten, wurden sorgfältig ausgehandelt und bei der Hochzeit vorgelesen. Römische Mädchen waren, wenn sie ihre erste Ehe eingingen, manchmal sehr jung (das Mindestalter betrug 12 Jahre). In der Oberschicht war das Schließen politischer Bündnisse Zweck vieler Ehen. Auch die Mitgift und der Wunsch, legitime Nachkommen zu zeugen, spielten als Motive eine entscheidende Rolle. In der Manusehe wechselte die Frau durch die Heirat aus der Rechtsgewalt (lat. manus = Hand) ihres Vaters in die des Gatten über. Die manus-freie Ehe wurde ab Ende des 1. Jhs. v. Chr. üblich. Hier blieb die Tochter dem Vater unterstellt. Bei der manus-freien Ehe verfügte die Frau nach dem Tod des Vaters über eigenes, vom Mann unabhängiges Vermögen, da sie erbberechtigt war. Scheidungen kamen in der Oberschicht recht häufig vor und waren unkompliziert durchzuführen: Ein formloser Brief oder eine klare Geste (z. B. das Zurückfordern des Hausschlüssels) vermochte eine Ehe aufzulösen. Ehe- und Scheidungsrecht in Rom T2 MUSTER

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