119 Der römisch-deutsche Kaiser war im Mittelalter – gemeinsam mit dem Papst – der oberste Herr des christlichen Abendlandes. Könige und Fürsten waren ihm untergeordnet. Er hatte jedoch keine uneingeschränkte Macht, eine Umwandlung des Heiligen Römischen Reiches in einen effizient regierten Feudalstaat gelang nicht. Beschränkung der kaiserlichen Macht Ab 1356 wählten die Kurfürsten den römisch-deutschen Kaiser. Er benötigte für wichtige Entscheidungen die Zustimmung der Reichsstände, der Kurfürsten sowie der Bischöfe, Grafen und Vertreter der freien Reichsstädte. In Spanien, Frankreich und im England der Tudors gelang es im Laufe der Frühen Neuzeit den – mächtigeren – Herrschern, das Mitspracherecht des Adels und der Stände zurückzudrängen. Als Landesherren gelang es auch den Habsburgern, in Österreich und später auch in Böhmen und Ungarn ihre Macht auszuweiten. Als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches waren sie jedoch nicht in der Lage, die Macht der Reichsstände einzuschränken und souverän (unabhängig) zu herrschen. So blieb das Kaiserreich bis weit in die Neuzeit ein „Netzwerk“ von verschiedensten Lehen. Ab 1438 gelang es den Habsburgern, bis auf eine kurze Unterbrechung die Kaiserwürde in ihrer Familie zu halten und Reichtum und Macht der eigenen Dynastie (Herrschergeschlecht) durch geschickt arrangierte Ehen zu vergrößern. Die Ausdehnung ihrer Besitzungen erreichte unter Maximilian I. und seinen Nachfolgern einen ersten Höhepunkt, da Maximilians Ehe mit Maria von Burgund den Habsburgern Teile der burgundischen Erbschaft brachte. „Strategische“ Eheschließungen Maximilian arrangierte Ehen seiner Kinder mit dem spanischen Königshaus und seiner Enkel und Enkelinnen mit den Jagellonen, der Königsfamilie von Ungarn und Böhmen. 1516 wurde sein Enkel Karl König von Spanien samt seinen Besitzungen in Europa und Amerika, weil alle spanischen Thronfolger bereits gestorben waren. 1519 wurde Karl als Karl V. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Maximilians zweiter Enkel Ferdinand I. wurde Herr der österreichischen Länder und – nach dem Tod seines Schwagers Ludwig II. 1526 in der Schlacht von Mohács – König von Ungarn und Böhmen. Das Heilige Römische Reich und die Habsburger 1477 Burgundische Heirat (Maximilian I. Maria von Burgund) 1496 Spanische Doppelhochzeit (Philipp I., Sohn Maximilians Juana von Kastilien, Juan von Aragón und Kastilien Margarethe von Österreich) 1515 Wiener Doppelhochzeit Ludwig II. von Böhmen und Ungarn Jagiello Maria, Tochter von Philipp I., Maximilian I. (stellvertretend für einen seiner Enkel) Anna Jagiello 1516 Karl, Philipps Sohn, wird König von Spanien und 1519 Kaiser Karl V. 1521 Ungarische Heirat (Ferdinand I., Sohn von Philipp I., Anna Jagiello) 1526 Ferdinand I. wird König von Böhmen und Ungarn Aufgaben 1 Erklären Sie die Vor- und Nachteile von Verwaltungen wie der des Römisch-deutschen Kaiserreiches einerseits und jenen von zentral regierten Flächenstaaten andererseits. (HO) 2 Erläutern Sie, in welchem politischen Umfeld aus Aufgabe 1 Sie lieber leben würden. Begründen Sie Ihre Wahl. (PU) 3 Entwerfen Sie mithilfe der Informationen dieser Doppelseite einen Stammbaum der Habsburger für das 15. und 16. Jh. Beginnen Sie mit Maximilian I. und seiner Frau Maria von Burgund. Fahren Sie mit den Ehen der Kinder und Enkel Maximilians I. fort. (HM) 119.1 Kopien aus dem Süddeutschen Raum nach Jan Cornelisz Ferdinand I. und Anna von Ungarn, Öltempera auf Holz (nach 1531). Die Anfänge Österreichs MUSTER
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