110 Migration und Expansion Aufgaben 1 Geben Sie einen politischen und einen militärischen Grund an, warum heutige Städte keine Stadtmauern mehr haben. (HO) 2 Benennen Sie wesentliche Merkmale einer mittelalterlichen Stadt. (HS) 3 Fassen Sie die Bestimmungen des Judenregals (königliches Privileg) jeweils mit einem Schlagwort zusammen. (HS) 110.1 Nach seiner Krönung zum Kaiser 1312 bestätigt Heinrich VII. die Privilegien der römischen Juden. Buchmalerei, Codex Balduini Trevirensis (um 1340). Kaiser Friedrich II. verleiht den Juden Wiens 1238 ein Privileg Friedrich II. von Gottes Gnaden Römischer Kaiser und erhabener König Jerusalems und Siziliens. Durch das vorliegende Schriftstück geben Wir allen bekannt, dass Wir die Juden Wiens als Unserer Kammer Zugehörige unter Unseren kaiserlichen Schutz und Unsere kaiserliche Gunst stellen. 1. Wir bestimmen, dass in ihren Häusern außer mit ihrer Zustimmung keine Einquartierungen stattfinden. 2. Wenn Diebsgut bei ihnen gefunden wird, und wenn der Jude sagt, er habe es gekauft, soll er durch einen Schwur nach seinem Gesetz beweisen, wie teuer er es gekauft hat, und soviel soll er dafür erhalten und die Habe demjenigen, dem sie zu eigen war, zurückerstatten. 3. Niemand soll sich herausnehmen, deren Söhne oder Töchter gegen ihren Willen zu taufen, doch falls er gewaltsam Gefangengenommene, heimlich Geraubte oder Gezwungene tauft, soll er zwölf Pfund Gold an das Schatzamt des Königs zahlen. Wenn aber einer von ihnen freiwillig getauft werden will, so soll dies drei Tage aufgeschoben werden, damit man eindeutig erkennen kann, ob er wirklich wegen des christlichen Glaubens oder wegen eines ihm zugefügten Unrechts sein Gesetz verlassen will; und wie sie das Gesetz ihrer Väter verlassen haben, so sollen sie auch ihren Erbbesitz verlassen. […] 6. Niemand soll einen Juden zum Gottesurteil mit glühendem Eisen, heißem oder kaltem Wasser zwingen, mit Ruten geißeln noch in den Kerker werfen, vielmehr soll er seinem Gesetz gemäß nach vierzig Tagen schwören. Niemand soll in irgendeiner Streitsache durch Zeugen, es sei denn durch Juden und Christen gemeinsam, überführt werden können. In jeder Rechtssache dürfen sie das königliche Hofgericht anrufen, Fristen sollen ihnen gewährt werden. 7. Wenn jemand gegen einen von ihnen einen Plan ausheckt oder ihm nachstellt, um ihn zu töten, so sollen beide, Ratgeber und Mörder, zwölf Pfund Gold an das Schatzamt des Königs zahlen. Wenn er ihn aber verwundet, nur nicht tödlich, soll er ein Pfund Gold Buße zahlen. Und wenn es ein Knecht ist, der ihn tötet oder verwundet, soll sein Herr das oben genannte Bußgeld leisten oder den Knecht zur Bestrafung ausliefern. 8. Wenn die Juden einen Streit oder eine Rechtssache untereinander zu entscheiden haben, sollen sie von ihresgleichen und nicht von anderen Leuten gerichtet werden. übersetzt von Irmgard Plattner; lateinisches Original unter anderem abgedruckt in: Regesten zur Geschichte der Juden in Österreich im Mittelalter, Bd. 1, S. 17 (März 2017) MUSTER
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