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109 109.1 Frau am Webstuhl, Buchmalerei (um 1350/1375). Berufliche Möglichkeiten für Frauen Frauen hatten in der Stadt einen weitaus größeren Freiraum als auf dem Land. Sie konnten selbst über ihr Geld verfügen und hatten die Möglichkeit, einen Beruf auszuüben. Stark vertreten waren Frauen in der Textilverarbeitung, z. B. als Hutmacherinnen, Schneiderinnen und Taschnerinnen. Handels- und Kauffrauen waren ebenfalls keine Seltenheit. Frauen handelten oft mit den Waren, die ihre Männer herstellten. Es gibt außerdem zahlreiche Belege über Frauen, die im Groß- und Fernhandel als Unternehmerinnen tätig waren. Frauen übernahmen vielfach das Geschäft ihres verstorbenen Mannes, mussten es aber nach einem Jahr verkaufen oder an ihre erwachsenen Kinder abtreten, wenn sie selbst nicht in dem Beruf ausgebildet waren. Trotz vieler Hindernisse haben sich Frauen in fast alle Berufssparten vorgewagt. Sie wurden in die Zünfte aufgenommen und gründeten eigene Frauenzünfte in den Bereichen, in denen sie dominierten. Bürgerrechte für Frauen Frauen war auch der Erwerb des Bürgerrechts möglich. Je nach Stadt war der Frauenanteil unterschiedlich, ebenso wie die soziale Herkunft der Frauen. In Speyer z. B. gehörten die Hälfte der Neubürgerinnen den untersten Schichten an. Die meisten Frauen, die in den Städten das Bürgerrecht bekamen, waren ledig oder verwitwet. Schutz und Rechtssicherheit für die jüdische Bevölkerung Für Juden waren die mittelalterlichen Städte in Europa als Lebensraum interessant, weil sie dort – sofern sie Abgaben leisteten – Schutz und Rechtssicherheit genossen und einer lebenserhaltenden Arbeit nachgehen konnten. Von den meisten handwerklichen Berufen ausgeschlossen, spezialisierten sie sich auf den Handel, unter anderem mit Luxusgütern aus dem Orient, und auf Geldgeschäfte. Christen konnten im Bankwesen aufgrund des Zinsverbotes im Mittelalter nicht tätig sein. Freie Religionsausübung Ein weiterer Grund, in die Städte zu ziehen, war das Recht, die eigene Religion auszuüben. Es gab in den Städten Synagogen, um die sich das Gemeindehaus, das Hospital, die Mikweh (rituelles Badehaus), das Schlachthaus und die Wohnhäuser der jüdischen Bevölkerung gruppierten. In der frühen Phase der städtischen Entwicklung waren die Juden gegenüber den christlichen Stadtbewohnern nicht diskriminiert und das Zusammenleben verlief friedlich. Gewalt und Verfolgung Mit dem ersten Kreuzzug 1095 und im Zuge der Pest 1348/49 wuchs jedoch in der christlichen Bevölkerung die Feindlichkeit gegenüber der jüdischen Minderheit und es kam zu gewaltsamen Verfolgungen (Pogromen). Bleiben oder gehen? MUSTER

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