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99 Weitere Gründe für Wanderbewegungen Mögliche weitere Gründe für die Wanderbewegungen sind Armut und Hunger, die besseren klimatischen Bedingungen im Süden, das Vordringen der Hunnen, der Reichtum des Imperium Romanum sowie Abenteuerlust und Beutegier. „Barbarische“ Reichsgründungen Auf dem Boden des Weströmischen Reiches bildeten sich Teilreiche: Ostgoten in Italien, Westgoten in Spanien und Südgallien, Franken im nördlichen Gallien, Alemannen in Süddeutschland, Burgunder am Rhein und an der oberen Rhône und Vandalen in Nordafrika. 568 ließen sich – als letzter Stamm der „Völkerwanderung“ – die Langobarden in Nord- und Mittelitalien nieder. Die Römer bezeichneten die Völker östlich des Rheins und nördlich der Donau als „Germanen“. Eine gemeinsame „germanische“ Identität lässt sich laut Walter Pohl nicht nachweisen. Unbekannte Fremde Die Zugehörigkeit zu einer „gens“ (lateinisch für „Sippe“ und „Volksstamm“), zu einer Gemeinschaft, die sich durch gemeinsame Herkunft definierte, war für die Römer ein Merkmal der „Barbaren“. Der abwertende Nebensinn des Begriffes „Barbar“ verstärkte sich, als er aus christlicher Sicht die Bedeutung „Heide“ erhielt. Römische Geschichtsschreiber nennen u. a. folgende Barbaren-Gruppen: Markomannen, Cherusker, Alemannen, Thüringer, Langobarden, Goten, Vandalen, Angeln, Sachsen, Burgunder und Franken. Die Identität der Barbaren Die von Norden kommenden Barbaren blieben letztlich Fremde im Imperium Romanum, auch wenn sie als Soldaten im römischen Heer Aufnahme fanden. Sie konnten als geschlossene Gruppe kämpfen und ihren Volksnamen im Namen ihrer militärischen Einheit führen. Als gefährlich geltende Gruppen wurden jedoch zerschlagen. So wurden nach dem gotischen Sieg bei Adrianopel (378 n. Chr.) alle Goten in der Orientarmee, weit entfernt von ihrer Heimat, untergebracht. Kriegsdienst für die Römer zu leisten verstärkte das Zugehörigkeitsgefühl untereinander, veränderte es aber auch. Arbeitskräftemangel im Römischen Reich Die Mittelmeerwelt hatte großen Bedarf an Arbeitskräften. Die Einfuhr von barbarischen Sklaven war unerlässlich für die antike Wirtschaft. Erst in der Spätantike erhielten ganze Barbarenverbände, z. B. die Westgoten, die Erlaubnis, sich im Reichsgebiet niederzulassen. Diese Gruppen mussten Kriegsdienst leisten. Ihre Integration machte jahrhundertelang keine Schwierigkeiten, wenn sie sich an die herrschende Kultur anpassten. Juden und Christen, die auf ihrem Glauben an einen einzigen Gott beharrten, stellten für das Römische Reich ein Problem dar, nicht aber die Barbaren. Sie wurden erst zur Gefahr, als die militärische Macht schrittweise auf sie überging. Die Heere von Römern und Barbaren Um ein Gebiet von Britannien nach Mesopotamien unter Kontrolle halten zu können, benötigte man, so der Historiker Walter Pohl, im 5. Jh. 113 000 Mann für die mobile Feldarmee, entlang der Grenze waren etwa 135 000 Soldaten stationiert. Ein Großteil der Steuereinnahmen wurde zur Abdeckung der daraus entstehenden Kosten aufgewendet. Bis Ende des 6. Jhs. ging die Gesamtstärke der Armee auf etwa 150 000 Mann zurück. Die Größe der barbarischen Armeen schätzt der Historiker Herwig Wolfram auf kaum mehr als 30000 Kämpfer. Germanenkönige übernehmen die Macht Im Mittelpunkt der römischen Politik des 4. und 5. Jhs. standen interne Machtkämpfe. Es kam zu Hofintrigen und politischen Morden, und rivalisierende Herrscher setzten immer wieder Truppenteile und Verbündete zur Durchsetzung ihrer persönlichen Interessen ein. Die Kaiser des Reiches waren weiterhin Römer, doch die militärische Macht geriet zunehmend in die Hand „barbarischer“ Heermeister. Der Vandale Stilicho heiratete z. B. in die Familie des römischen Kaisers Theodosius ein. Von 395 n. Chr. bis zu seiner Ermordung 408 bestimmte er die Politik des Westreiches. 99.1 Diptychon (zweiflügelige, zusammenklappbare Schreibtafel) von Monza, um 396 n. Chr. Es wird angenommen, dass es sich bei den Dargestellten um den Heermeister Stilicho, seine adelige römische Frau Serena und deren Sohn Eucherius handelt. Bleiben oder gehen? MUSTER

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